30 VOLL IM LEBEN
PETRA GERSTER Die seriöse Nachrichtenlady ist privat voller Lebenslust: Mit 65 Jahren spricht sie offen wie nie über Erotik, die große Liebe und Krisen
Als „heute“-Moderatorin ist Petra Gerster stets topseriös. Im BUNTEInterview zeigte die Nachrichtenlady ihre private Seite und sprach offen über Erotik, Liebe und Lebenskrisen
Gefühlt war sie immer schon da, wenn es um Nachrichten geht: Petra Gerster ist seit 22 Jahren Moderatorin der „heute“-Nachrichten im ZDF, am letzten Samstag erreichte die Mainzerin die magische Altersgrenze von 65 Jahren. BUNTE führte mit ihr ein Unruhestands-Gespräch.
Sehen Sie eine glückliche Frau, wenn Sie morgens in den Spiegel schauen? Wenn der Wecker zu früh klingelt, kann ich das nicht behaupten, ich bin ein großer Fan des Ausschlafens. Wenn ich in den Spiegel schaue, sehe ich, dass ich nicht mehr 30 bin. Aber nach dem Schminken bin ich ganz zufrieden mit mir. Ich schminke mich, seit ich 14 bin. Ich bin ja blond und eher blass, nicht so der Typ Naturschönheit.
Aber Sie sind, mit Verlaub, apart. Also, „apart“sagte man in unserer Familie, wenn man etwas oder jemanden eher unattraktiv fand, aber höflich sein wollte (lacht). Ich habe mich übrigens nie über Schönheit definiert und war auch keine Frau, nach der sich alle umdrehten. Charakter und Bildung waren meinen Eltern wichtiger als Äußerlichkeiten. Sie legten großen Wert darauf, dass ihre drei Töchter wie der Sohn alle studierten, einen guten Beruf erlernten und unabhängig wurden. So wurde ich Journalistin.
Bei der „Zeit“haben Sie dann eine Hospitanz gemacht. Ja, aber das war der Tiefpunkt meines Berufslebens. Ein Journalist mit großem Namen fand Gefallen an mir. Als er mir im Taxi die Hand auf den Oberschenkel legte und mir seine „Stadtwohnung“zeigen wollte, sagte ich „Nein“. Danach strafte er mich mit Missachtung, ich bekam keinen Fuß mehr auf die Erde. Und erfuhr von Kolleginnen, dass er das mit allen Hospitantinnen so machte. Ich hatte nicht den Mut, mich zu beschweren, er hatte mich ja auch nicht vergewaltigt. Aber es war, wie die #metoo-Kampagne heute deutlich macht, ein klarer Machtmissbrauch.
Ist 65 eine echte Wegmarke für Sie – oder nur eine Zahl? Natürlich ist das eine Zäsur. Aber ich muss gestehen, dass der 50. Geburtstag für mich schwieriger war. Da war ich sieben Jahre bei den „heute“-Nachrichten und wurde öfter gefragt, wie lange ich noch moderieren dürfe. Schon damals war ich ja die dienstälteste Frau in der Prime Time.
Sind Sie gern ein, salopp gesagt, „TV-Dino“? Klar, ich habe nie akzeptiert, warum Männer mit 65 noch auf dem Bildschirm sind, Frauen aber mit 50 verschwinden sollen. Mein Entdecker sagte mir beim Amtsantritt, das können Sie jetzt gut zehn Jahre machen. Da war ich 43. Er hat sich geirrt.
Fernsehen ist ein gnadenlos optisches Geschäft, haben Sie je etwas an Ihrem Gesicht machen lassen?
Nur die Schlupflider. Vor fast 20 Jahren. Aber Lifting ist für mich keine Option. Man sieht es doch immer. Ich folge dem Rat meines Mannes, edel zu verwittern.
Ihr Mann hat sich ein „sanftmütiges Weib“gewünscht, können Sie damit dienen? Leider nein, das halte ich nicht durch, ich bin zu temperamentvoll.
Er ist 69, Sie 65 – ist 60 das neue 40? Vom Gefühl her vielleicht, aber realistischerweise eher das neue 50. Jetzt würde ich gern die Zeit anhalten bei mir. Wir Frauen in meinem Alter sehen meist besser aus als unsere Mütter und Großmütter in diesem Alter, weil wir selbstbewusster und zufriedener sind. Es ist leider immer noch so, dass ältere Männer mehr Respekt bekommen als ältere Frauen. Im Fernsehen wie im Leben wollen junge Männer junge Frauen, und ältere Männer auch. Manche Frauen ab 60 kommen sich so vor, als ob sie mit einer erotischen Tarnkappe herumliefen.
Gilt das auch für Sie? Wie sexy fühlen Sie sich? Ach, sexy ist man zwischen 20 und 30, das ist mir auch zu vordergründig. Mit Erotik kann ich mehr anfangen. Ich fühle mich immer noch angezogen von attraktiven Männern, das Begehren hört ja nicht plötzlich an einer bestimmten Altersgrenze auf. Ich muss aber gottlob nicht mehr „knackig wie ein Apfel sein und scharf wie ein Rasiermesser“, wie es mein Freund Bodo Kirchhoff mal so schön gesagt hat, finde es aber sehr schön zu flirten. Dazu gehören Intelligenz, Witz und Selbstironie. Mein Ehemann hat da hohe Maßstäbe gesetzt.
Können Sie sich immer wieder neu in ihn verlieben? Ja, es gibt überraschende Momente großer Zärtlichkeit. Wir leben nicht nebeneinander her, sondern sind ständig im Dialog. Wir haben uns immer was zu sagen, das gehört für mich auch zur Erotik dazu. Ich muss einen Mann geistig attraktiv finden – und wir sind noch lange nicht auserzählt. Es war die beste Entscheidung meines Lebens, diesen Mann zu heiraten. Als ich vor 25 Jahren mit einem lebensgefährlichen Wirbelsäulen-Tumor im Krankenhaus lag, habe ich die Kraft der Familie gespürt. Mein Mann und meine Geschwister waren total an meiner Seite. Ich lag wochenlang im Gipsbett und hatte Angst, nie mehr laufen zu können.
Was können Sie heute nicht mehr, was Sie früher konnten? Einen Spagat, auf meine Gelenkigkeit war ich immer so stolz. Aber ich jogge jetzt nach zehn Jahren Walken wieder.
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