Henry Hübchen:
Liebe mit zwei Wohnungen
Die Inszenierung von Tod hat im beruflichen Leben von Henry Hübchen, 72, oft eine große Rolle gespielt: Ob im „Tatort“oder bei „Bella Block“, im „Polizeiruf“und als „Commissario Laurenti“. Nun ist der Filmstar wieder als Kommissar zu sehen: In „Tage des letzten Schnees“untersucht er den Unfalltod eines Mädchens, während er selbst mit dem Verlust seiner Ehefrau zu kämpfen hat. Privat setzte sich Hübchen erstmals mit dem Tod auseinander, als sein Vater 1996 in seinem Beisein im Alter von 76 Jahren starb.
Wie war es für Sie, den Tod so nah zu erleben? Eigenartig. Aber nicht beängstigend. Ich war beruflich auf Hawaii, als mein Vater im Krankenhaus lag. Also flog ich zurück, nicht früher als geplant, weil ich glaubte, ich könne an seiner Situation ohnehin nichts ändern. Nach meiner Landung fuhr ich direkt ins Krankenhaus. Seine damalige Frau verabschiedete sich, und so war ich ganz allein mit ihm. Ich hatte das Gefühl, dass er gar nicht wahrgenommen hat, als ich ihn berührte oder mit ihm sprach. Er lag nur da und atmete. Tiefe Züge, gleichmäßig. Wie Musik. Ein. Und aus. Während ich ihn beobachtete, dachte ich, dass er eigentlich ein gutes Leben geführt hatte und zufrieden sein könne: Als der Zweite Weltkrieg zu Ende ging, war er 25 Jahre alt. Viele, gerade seiner Generation, haben den Krieg nicht überlebt. Das Ende des Krieges war für ihn wie eine zweite Geburt – er durfte noch über 50 weitere Jahre leben. Und als ich mir darüber Gedanken machte, war das Atmen auf einmal nicht mehr da. Stille. Einfach so. Ohne Aufbäumen oder einen Kampf war das Leben auf einmal vorbei. Er hat einfach aufgehört zu atmen.
Haben Sie Ihr Leben geregelt und Ihr Testament gemacht? Wieso fragen Sie, wollen Sie berücksichtigt werden? Nein. Mein Leben ist unordentlich. Das ist eine Katastrophe. Ich mache das gleich morgen. Aber ob sich meine Töchter und meine fünf Enkel mal meine Filmpreise hinstellen wollen – keine Ahnung. Ich denke eher nicht. Auf dem Trödelmarkt wird es auch nicht viel dafür geben.
Sie und Ihre Frau Sanna sind seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr zusammen, doch auf dem Papier immer noch verheiratet. Auf dem Steuerbescheid des Finanzamtes bin ich Single. Sie sehen, die Welt ist widersprüchlich und Papier ist geduldig. Aber das könnte man jederzeit ändern. Das sind ja nur Formalitäten.
Sie haben in Ihrem Leben zwei sehr lange Beziehungen geführt. 20 Jahre sind heutzutage ja schon eine Ewigkeit in Sachen Liebe. Sind Sie so eine treue Seele?
Ja. Ich bin eine treue Seele. Was soll ich Ihnen sonst sagen. Ich bin statisch. Ich bin aber auch nicht jahrelang Hand in Hand verkettet durchs Leben gelaufen. Unangekettet ist die Chance einer langen Beziehung viel größer. Bei uns hat jetzt übrigens jeder in der Familie eine eigene Wohnung.
Aber Sie sind schon noch mit Ihrer Lebensgefährtin Carmen Kopplin zusammen? Wir sind zusammen, wenn wir zusammen sind. Dann startet jeder aus dem eigenen Refugium – wir haben getrennte Wohnungen – und zieht sich danach wieder dorthin zurück.
Warum hat sich das Prinzip „Zusammenleben“nicht als praktikabel für Sie herausgestellt? Es gibt nicht das eine Prinzip. Nichts ist ewig und damit haben wir ja angefangen mit unserem Gespräch. Aber alles ist möglich. Und das ist spannend und vor allen Dingen unterhaltsam.
„AUF DEM STEUERBESCHEID FÜR DAS FINANZAMT BIN ICH SINGLE“