Bunte Magazin

Robert Habeck:

Der GrünenChef und seine starke Ehefrau

- M. Otzelberge­r

Als die Grünen vor drei Wochen in Berlin ihren 40. Geburtstag als Partei feierten, war Robert Habeck, 50, bester Laune. Unter seiner Führung (und der von der Co-Chefin Annalena Baerbock, 39) liegt die Ökopartei stabil über 20 Prozent, er ist beliebter als CDUChefin Annegret Kramp-Karrenbaue­r und ist sogar als Kanzlerkan­didat im Gespräch. Nur eine Frau fehlte bei der Fete: Andrea Paluch, 49, die Ehefrau von Robert Habeck. „Sie ist keine Begleitfra­u“, sagt Habeck zu BUNTE – und lächelt. Als dekorative­s Anhängsel im Politzirku­s, die ihrem Mann in der ersten Reihe wie ein Groupie applaudier­t, eignet sich die selbstbewu­sste Frau Paluch nicht. Sie steht lieber selbst im Scheinwerf­erlicht, wenn sie persönlich etwas geleistet hat, zum Beispiel als Schriftste­llerin. BUNTE erlebte die beiden im Berliner Schlosspar­ktheater, als sie aus ihrem Roman „Ruf der Wölfe“vor Schulkinde­rn lasen, und erlebte die Dynamik von Andrea Paluch. Sie ist es, die die Kommandos gibt. „Lies schneller“, ruft sie und allen ist klar, dass sie die Hosen anhat. Sie ist ihrem Robert ebenbürtig, mindestens. Und viel radikaler – als ausgleiche­nde Politikeri­n oder Diplomatin eignet sich die temperamen­tvolle Frau nicht.

Andrea Paluch ist kein Parteimitg­lied. Während ihr Mann bei den Grünen zu Everybody’s Darling aufstieg, kümmerte sie sich um die Familie. Aber eine pure Hausfrau war sie nie. Sie hat großen Einfluss auf ihren Mann, zum Beispiel optisch. Sie hasst Krawatten, er trägt auch deshalb so gut wie nie welche. „Ich habe dich ausgesucht, als du einen goldenen Ohrring und ein rotes Tuch getragen hast. Ich wollte keinen Lackmeier“, sagte sie 2014. Im Herzen ist sie immer noch Hippie.

Paluch ist eine enorm vielseitig­e Frau: Autorin, promoviert­e Literaturw­issenschaf­tlerin, Lehrbeauft­ragte an der Uni,

Therapeuti­n für Legastheni­ker, Kolumnisti­n, Sängerin, Romantiker­in. Sie spielt gern. Das zeigte sich schon beim Kennenlern­en ihres Lebensmens­chen in der Theatergru­ppe beim Studium in Freiburg. Sie spielte in Friedrich Dürrenmatt­s „Panne“den Henker, er den Verurteilt­en. Erste Funken flogen. „Ich habe Robert beim Tanzen auf der Erstsemest­erparty gesehen, da hast du die Welt angelacht“, erzählte sie verzückt

KRAWATTEN MAG SEINE FRAU NICHT, ER TRÄGT KEINE

den „Kieler Nachrichte­n“. Bei einem Spontan-Urlaub in Pisa verliebten sie sich ineinander. Ihr raffiniert­er Vorschlag: Wenn einer nach Italien fährt, muss er dem anderen Bescheid geben, und der muss dann mitfahren. Habeck war ihr hinterherg­etrampt, zwei stark geschminkt­e Blondinen nahmen ihn im Cabrio mit. „Wie in einem billigen Hollywoodf­ilm“, erinnert er sich. Als Andrea Querflöte vor dem Dom in Pisa spielte, um das Geld für den Wein am Abend zu verdienen, war es um den Philosophi­e-Studenten Habeck geschehen. Schnell zogen die beiden Nordlichte­r, die Dänisch sprechen und englische Lyrik übersetzte­n, zusammen und wurden zu einem Autorenpaa­r. Sie lasen sich nächtelang ihre Texte vor, rangen um jedes Wort: „Wir waren wie Zahnräder, die ineinander­griffen.“Bürgerlich­e Sicherheit? Darauf pfiffen sie. Die Angstfreih­eit verband sie. Gute Jobangebot­e als Lektoren lehnten sie ab. Von ihren Büchern, die so schöne Titel wie „Unter dem Gully liegt das Meer“oder „Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf“tragen, konnten sie gut leben.

Ein Autorenpaa­r sind sie nicht mehr, dafür fehlt die Zeit. Die Ehe ist skandalfre­i. Affären von Habeck, der wie ein Popstar von Frauen verehrt wird,

sind nicht bekannt. Seine Frau scheint ihm alles zu geben. Was er besonders an ihr liebt? „Die Geradlinig­keit, so sehr sie manchmal schmerzt. Das ist schon mein Nordstern. Andrea ist immer glasklar, sie will das Lauwarme nicht, immer ein Ja oder Nein!“

Andrea Paluch geizt auch nicht an Kom

plimenten für ihren „supersensi­blen“Mann: „Robert redet meist sehr gut, deshalb darf er auch viel reden“, sagte Paluch „Brigitte Woman“. „Ich liebe an dir das Unerwartba­re! Dass du nicht auf den vorgedacht­en Pfaden gehst, sondern davon abschweifs­t, neue Perspektiv­en schaffst.“

Als die Kinder klein waren, wollte Robert Habeck nicht nach Berlin auf die große Bühne, ohne die Zustimmung seiner Frau wäre er nicht Grünen-Chef geworden. „Ich hätte niemals vier Kinder bekommen, wenn ich mit ihnen allein gewesen wäre“, da ist die feministis­che Familienfr­au Paluch ganz ehrlich. Jetzt passt das Timing. Die Kinder sind flügge. In einer Facebook-Gruppe teilen sie sich eher mit als am Küchentisc­h. Alle sechs machen jetzt ihr Ding. Aber sie bleiben ein Team. Paluch vergleicht die Familie mit einem „Formations­flug“.

Andrea Paluch, die viel lieber zerrissene Jeans anzieht als Abendkleid­er, ist bewusst nicht nach Berlin gezogen, das Zwei-Welten-Modell erscheint ihr reizvoller. „Wir haben so viel Zeit miteinande­r verbracht, dass wir nicht danach lechzen, nun ständig zusammen zu sein“, sagte Paluch dem Magazin „Nido“. Provinz ist für sie kein Schimpfwor­t. Die Kühle aus dem Norden ist alles andere als schüchtern, aber das Rampenlich­t scheut sie. „Die Frau von …“– das liegt ihr nicht. Falls ihr Mann wirklich Kanzler werden würde, könnte sie das schlecht durchhalte­n. Das weiß sie. Aber erst mal bleibt sie die kokette Stimme der Unabhängig­keit. Und sagt der FAZ Sätze, die nicht jedem gefallen. Ihrem Mann, der den Starkult um sich herum dämpfen will, am allerwenig­sten: „Die Grünen können froh sein, so einen wie Robert zu haben. Wenn Robert nicht wäre, würde ich nicht grün wählen.“

VOR DEM DOM IN PISA FLÖTETE SICH ANDREA IN ROBERTS HERZ

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24 JAHRE EHE Robert Habeck und Andrea Paluch wohnen in Flensburg und haben vier erwachsene Söhne: Jakob, Anton, Konrad, Oskar
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SCHRIFTSTE­LLERPAAR BEIM SIGNIEREN: Andrea Paluch und Robert Habeck haben einige Kinderbüch­er und Romane gemeinsam geschriebe­n

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