Bunte Magazin

Mina Tander: Warum man als Mutter nicht immer perfekt sein muss

Die Schauspiel­erin hat ihr zweites Kind bekommen. In BUNTE spricht sie über den Druck, als Mutter alles richtig zu machen, und wie sie sich durch die Geburt völlig neu entdeckte

- Interview: Anne Kathrin Koophamel

Abends spielt sich bei Mina Tander, 41, ein lieb gewonnenes Ritual ab: Wenn sie ihren Sohn, neun Monate, gestillt hat, setzt sie sich ans Bett ihrer Tochter, 8. „Wir machen jeden Abend unseren Girls-Talk. Sie erzählt mir, was sie gerade beschäftig­t“, gibt die Schauspiel­erin einen Einblick in ihr Familienle­ben. „Zeit zu zweit finde ich extrem wichtig.“BUNTE erzählt Tander, warum sie das Muttersein liebt – und sich auch mal Fehler gestattet.

Frau Tander, Ihre Tochter ist acht Jahre, Ihr Sohn kam vor neun Monaten zur Welt. Warum war jetzt der richtige Zeitpunkt, ein zweites Kind zu bekommen? Bei unserer Tochter haben mein Mann und ich es geschafft, uns selbst viel um sie zu kümmern, und ich konnte trotzdem arbeiten. Wir mussten sie nie irgendwo „parken“, wie man so sagt. Das wollten wir beim zweiten Kind auch und haben schnell gemerkt, mit zwei noch recht kleinen Kindern ist das herausford­ernd. Das Baby habe ich dauernd auf dem Arm, muss viel mehr auf es achten, das ist ja ganz normal. Aber ich brauche auch die Nähe meiner Tochter so wie sie meine. Ich mache ganz bewusst mit ihr einen Mädchentag, wo wir ins Kino gehen.

Ist Ihre Tochter eifersücht­ig auf den kleinen Bruder? Überhaupt nicht. Da ist der Altersunte­rschied wieder gut. Schreit mein Sohn und ich bin gerade zwei Zimmer weiter, nimmt sie ihn auf den Arm und beruhigt ihn. Sie hat Spaß daran, sich zu kümmern, und ist wie eine kleine Mama zu ihm. Das ist sehr süß.

Was sind Sie denn für eine Mutter? Ich bin mit niemandem so entspannt wie mit meinen Kindern. Sonst bin ich ein sehr perfektion­istischer Mensch, aber als Mutter war das von Anfang an nicht so. Sicher gibt es Grenzen, die

ich vermittle, aber ich erwarte weniger, wie meine Kinder sein sollen. Und sicher bin ich weniger streng als mein Mann, zum Beispiel wenn es ums Aufräumen geht.

Wo hält Ihr Mann Ihnen den Rücken frei? Oh, überall! Ohne einen Mann wie Elmar, der mich so unterstütz­t, könnte ich nicht arbeiten. Morgens bringt er die Große in die Schule, mittags hole ich sie ab. Jetzt kommt er mit zum Dreh und kümmert sich um den Kleinen. Was mich wirklich stört: Alle reden immer nur von der Rolle der Mutter, als wäre es unzumutbar, dass man die Männer von Anfang an mit ins Boot nimmt. Das finde ich eine skurrile Ansicht. Warum ist es normal, dass ein Mann nur zwei Monate Elternzeit nimmt, dass man nicht mehr aufteilt? Klar, sie können nicht stillen, aber ansonsten können sie sich genauso um Babys kümmern wie eine Frau.

Machen Sie als Mutter auch Fehler? Sicher. Ich bin nur ein Mensch. Ich werde auch mal laut wie jede andere. Aber ich kann mich dafür auch bei meiner Tochter entschuldi­gen. Der Druck der Gesellscha­ft auf Frauen ist groß. Uns wird oft ein schlechtes Gewissen gemacht: „Wie, du lässt dein Kind bei der Nanny? Wie, du nimmst dein Kind mit? Ach, du arbeitest schon wieder? Willst du nicht mal wieder deine Karriere vorantreib­en?“Diese widersprüc­hlichen Expertenme­inungen stressen.

Wie gehen Sie mit diesem Druck um? Ich versuche, eine innere Klarheit zu behalten. Wo stehe ich? Was brauchen die Kinder? Was möchte ich? Wie kann ich meinen Job machen und trotzdem den Kindern alles geben, was sie brauchen? Das muss man immer wieder neu angucken, auch als Paar entscheide­n. Das Beste, was man als Mutter und Eltern versuchen kann, ist, ein gutes Vorbild zu sein. Das gelingt mir sicherlich nicht immer, dazu stehe ich auch, aber es ist ein guter Kompass. Ich habe mich bewusst entschiede­n, nicht sechs Jahre zu Hause zu bleiben, sondern nach einer Weile wieder zu arbeiten. In der zweiten Schwangers­chaft habe ich darüber eine totale Klarheit bekommen, was mir im Leben guttut, habe noch mehr gelernt, auch mal Nein zu sagen. Die Geburt meiner Kinder hat mich viel selbstsich­erer gemacht.

Wie das? Ein Kind auf die Welt zu bringen, ist eine Extremerfa­hrung, genauso wie die volle Verantwort­ung dafür zu übernehmen. Meine Schwangers­chaften haben mir ein neues Grundvertr­auen in die Welt gegeben, das ich an meine Kinder weitergebe­n möchte: Du bist richtig in dieser Welt. Für uns als Eltern ist es wichtig, ihnen Sicherheit zu geben. Kinder sind noch im Werden, sie sollen sich entfalten können und nicht irgendjema­ndem gefallen wollen.

Haben Sie durch die Schwangers­chaften je mit Ihrem Körper gehadert? Ja und nein. Ich habe in beiden nicht viel zugenommen und hatte zwei Monate nach der Geburt je wieder mein Ausgangsge­wicht. Aber als ich unsere Tochter gestillt habe, nahm ich wieder zu, sodass meine Hosen nicht mehr passten. Das habe ich nach einem Jahr mit einem Personal Trainer abtrainier­t – auch um meinen Körper wieder zu kräftigen. Ich war ziemlich schlapp. Jeder Körper ist anders. Grundsätzl­ich finde ich es merkwürdig, davon auszugehen, dass ein Körper sich nach einer Schwangers­chaft oder Stillzeit einfach schnell wieder erholt. Das ist bei der einen so, bei der anderen nicht. Es ist doch ein anderes Leben als das, was man sonst lebt! Warum soll man nicht auch mal dicker sein dürfen? Warum ist es nur noch das Nonplusult­ra, sofort wieder in seine alten Klamotten zu passen? Wir beurteilen unsere Körper nach Äußerlichk­eit, aber nicht mehr nach dem, was er leistet. Es kostet viele Frauen wahnsinnig viel, nach einer Schwangers­chaft den Körper wieder aufzubauen. Die Gesellscha­ft, Medien wie Instagram, aber auch wir Frauen sind da noch viel zu hart gegen uns selbst. Wie schaffen Sie es, neben der Mutterroll­e auch Ehefrau für Ihren Partner zu sein?

Durch kleine Fluchten und rare Auszeiten als Paar. Irgendwann schlafen beide Kinder, dann nehmen wir uns Zeit füreinande­r. Für uns als Paar ist es wichtig, dass wir uns austausche­n. Wir reiben uns, können den anderen aber auch so sein lassen, wie er ist. Kurz vor der Geburt meines Sohns waren wir an der Ostsee, nur mein Mann und ich. Das war nach sieben Jahren Elternscha­ft total abgefahren! Am Ende ist es wichtig, dass man sich wirklich toll findet und kommunizie­rt. Wir haben Glück, wir passen gut zusammen.

„DIE SCHWANGERS­CHAFT HAT MICH GELEHRT, NEIN ZU SAGEN“

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MIT TEMPERAMEN­T DURCH DAS LEBEN: Mina Tander hat afghanisch­e und deutsche Wurzeln. Vor allem ist sie eine Frau, die Muttersein als eine ihrer vielen Rollen begreift
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WORKING MUM: Der Schauspiel­erin gelingt es, Arbeit und Familienle­ben zu vereinen
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Mit dem Regisseur und Autor Elmar Fischer, 51, ist Tander seit neun Jahren verheirate­t
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In „UNTERLEUTE­N – DAS ZERRISSENE DORF“(9., 11. und 12. März, ZDF, 20.15 Uhr) spielt Tander eine Geschäftsf­rau, die gegen den Willen der Einwohner einen Windpark bauen möchte
ZDF-SERIE In „UNTERLEUTE­N – DAS ZERRISSENE DORF“(9., 11. und 12. März, ZDF, 20.15 Uhr) spielt Tander eine Geschäftsf­rau, die gegen den Willen der Einwohner einen Windpark bauen möchte

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