DIE TÜRKEI: Wo Langsamkeit das wahre Urlaubsziel ist
DATÇA ist wie geschaffen, um zu entschleunigen: In den märchenhaften Buchten und Fischerdörfern der Halbinsel schaltet man ganz automatisch einen Gang runter
Was willst du in Datça, wenn du in Eile bist?“– mit diesem Slogan wirbt die gleichnamige Hauptstadt der Halbinsel im Südwesten der Türkei um Besucher, die das beschauliche Leben ebenso lieben wie deren Bewohner. Am besten genießt man es wie sie: langsam, aber bewusst. Die Sehenswürdigkeiten der Gegend sind wie gemacht dafür: Bilderbuchstrände, versteckte Buchten, verträumte Berglandschaften, Pinienwälder, Olivenhaine, Mandelbäume und Ortschaften mit bezaubernden, ursprünglichen Steinhäusern. Kein Wunder, dass jedes Jahr viele Großstädter hierherkommen, um dem Alltagsstress zu entfliehen. Mythen und Legenden ranken sich um die 80 Kilometer lange Halbinsel, die zur Region Mugla gehört. Die alten Griechen glaubten, dass Datça, wo das Mittelmeer auf die Ägäis trifft, von Zeus höchstpersönlich erschaffen wurde. Der antike Geschichtsschreiber und Geograf Strabon war fest davon überzeugt, dass der oberste olympische Gott besonders geliebte Menschen und Kreaturen extra nach Datça schickte, damit sie länger lebten. Der türkische Poet Can Yücel, der hier fast 30 Jahre verbrachte, zweifelte keine Sekunde daran. Er genoss seine Zeit auf der Halbinsel in vollen Zügen, ließ sich von ihr inspirieren und wünschte sich: „Lasst Datça meinen Ruheort sein!“Datça heißt auch die größte Stadt. Sie ist zweigeteilt. Im neuen Teil an der Südküste pulsiert das Leben. Dort finden sich jede Menge einladende Hotels, Restaurants, Cafés und Bars, die sich an den Strand Sevgi Yolu schmiegen, was ins Deutsche übersetzt „Pfad der Liebe“heißt. Geht man wenige Minuten auf ihm, erreicht man den Yachthafen, der neben Sportbooten auch zahlreiche Fischkutter beherbergt. Sie beliefern unter anderem die umliegenden Lokale mit Meeresfrüchten, die dort fangfrisch zubereitet werden. Nur ein paar Schritte weiter liegt ein altes Amphitheater. Es bietet einen herrlichen Blick übers Meer und ist im Sommer und Herbst Veranstaltungsort für
Konzerte, Kino- und Kulturfestivals. Liebhaber traditionellen Handwerks finden in der Sanatcilar Sokagi, in der Künstlerstraße, wonach sie suchen: seien es Gemälde, kleine Skulpturen, Töpfer- oder Lederwaren. Eski Datça, der alte Stadtteil, liegt im Inland auf den Hügeln über dem Hafen. Ein bezaubernder Fleck mit antiken Steinhäusern, von denen einige in den letzten Jahren zu modernen Boutiquehotels umgebaut wurden. Dazu mischen sich Künstlercafés und -kneipen sowie kleine Handwerksläden. Es lohnt sich also definitiv, durch die Kopfsteinpflastergassen zu spazieren, entlang von farbenprächtigen Bougainvilleen, winzigen Geschäften – und dem ehemaligen Wohnhaus von Can Yücel.
Die Geschichte Datças reicht zurück bis ins zweite Jahrtausend vor Christus. Allerorten sind noch Spuren der Karer, Lyder, Perser, Römer und Byzantiner zu entdecken. Knidos ist die wohl bekannteste antike Stadt. Über eine Serpentinenstraße erreicht man sie in etwa einer Autostunde. An ihren beiden Häfen ankerten einst Schiffe aus aller Herren Länder. Heute ist der Tempel der Aphrodite die bemerkenswerteste Attraktion. In ihm befindet sich die größte freistehende Frauenstatue der Welt.
Die Strände der Halbinsel sind nicht weniger beeindruckend. Neun von ihnen dürfen die blaue Flagge tragen, die international für herausragende Wasserqualität steht. Drei davon befinden sich im Zentrum der Stadt Datça: der Taşlık, der Kumluk und der Hastane Altı Plajı. Schöne Buchten liegen auch auf dem Weg nach Knidos und kurz hinter der Stadt. Ihre Namen: Akvaryum Koyu, Akçabük, Ovabükü, Hayıtbükü und Kızılbük. All die genannten sind gut mit dem Auto zu erreichen. Zu der nahegelegenen Bucht Domuzbükü, an der auch Schildkröten nisten, gelangt man allerdings nur übers Wasser. Sie ist ein beliebter Stop auf den sogenannten Blauen Reisen, bei denen man auf Gulets, traditionellen Holzbooten, die schönsten Küsten des Landes erkundet. Wobei man auf Datça nicht nur die Natur genießen, sondern sich auch dem Wassersport hingeben kann. Die Halbinsel ist ebenso ein ideales Revier für Surfer, Segler, Taucher und Schnorchler.
Die Fauna und Flora von Datça sind unglaublich vielfältig. Die meisten der 154 Arten von wilden Orchideen, die in der Türkei heimisch sind, kommen hier vor. Die Region ist aber auch für ihre Mandeln bekannt. Aus der nur hier vorkommenden Datça-Mandel mit ihren grünen Schalen werden die verschiedensten Süßigkeiten hergestellt: Mandelcreme, Mandelkekse, Türkischer Honig mit Mandeln, Datteln mit Mandeln … Außerdem sind Thymian- und Pinienhonig typisch für Datça.
Und auch die Seidenherstellung, für die die Halbinsel schon in der Vergangenheit berühmt war, erlebt eine Renaissance. Wie früher werden wieder Seidenraupen gezüchtet, um Rohseide herzustellen, die dann zu traumhaften Stoffen verarbeitet wird. Eine gute Gelegenheit, um auch schon fertige, lokale Textilien zu shoppen, bietet der wöchentliche Markt, der jeden Samstag im neuen Stadtteil Datças stattfindet. Und noch ein Tipp: Lassen Sie sich beim Bummeln durch die Stände Zeit, schauen Sie mal hier, mal da, fassen Sie die Stoffe in Ruhe an, fühlen Sie deren einzigartige Struktur … Seien bloß nicht in Eile. Denn Datça genießt man am besten mit Muße.
DATÇA VEREINT NATUR- UND KULTURSCHÄTZE