Tim Mälzer: Der Starkoch bangt um die Zukunft seiner Restaurants
TIM MÄLZER macht pro Tag 15 000 Euro Verlust. Was das für den Gastronomen und seine 200 Mitarbeiter bedeutet
TV-Koch und Familienvater Tim Mälzer, 49 (drei Kinder), ist in der schlimmsten Krise seines Lebens. Doch er kämpft für den Erhalt seiner Betriebe und seine 200 Mitarbeiter. Um diese Zeit zu überstehen, setzt er sich für andere ein und hat knallharte Forderungen an die Politik.
Wie fühlen Sie sich in diesen besonderen Zeiten? Zuerst hatte ich stark ausgeprägte Ängste. Über diese Phase bin ich hinweg. Ich bin ein Kämpfer und Beißer, schaue nach vorn.
Beschreiben Sie uns Ihre momentane Situation. Ich kann drei Monate durchhalten, danach verliere ich die
Grundlage meiner Geschäftsführung. Ich investiere bereits Privatvermögen. Zurzeit habe ich null Euro Einkommen, aber 200 Mitarbeiter, die ich finanzieren muss. Unter meinen Angestellten sind auch alleinerziehende Mütter, die kein sozial ausgeprägtes Netzwerk haben, keine unterstützende Familie oder Kindsväter, die sich kümmern. Die sind zwar nicht auf Kurzarbeit gesetzt, aber ihnen entgeht das wichtige Trinkgeld. Um mich mache ich mir keine Sorgen. Ich kann auch an den Landungsbrücken stehen und Pommes rot-weiß verkaufen, um zu überleben.
Wie steht es um Ihre Unternehmen? In der „Bullerei“habe ich 130 bis 140 Plätze. Das Restaurant „Die Gute Botschaft“mit 60 Plätzen betreibe ich nicht wegen der Wirtschaftlichkeit, sondern wegen meiner kreativen Prozesse, zum Beispiel, um Gerichte zu entwickeln. Mein angegliederter Catering-Betrieb macht null Umsatz. Ich betreibe noch das „Hausmann’s“im Frankfurter Flughafen, das ich eigentlich erweitern wollte. Das bauen wir gerade um und sanieren es mit einer hohen finanziellen Investition.
Wie hoch sind Ihre Verluste? Jeder einzelne Tag kostet mich 15000 Euro. Darin sind die Personal- und Mietkosten berücksichtigt. Ich habe kein statisches, sondern ein flexibles Unternehmen. Deshalb sage ich: Wir können auf Krisen reagieren und uns anpassen. Keiner von uns stellt das wirtschaftliche Denken über das Gemeinwohl. Aber wir sind mit starken Einschränkungen konfrontiert, die wir nicht verschuldet haben. Uns wurde quasi behördlich untersagt, Umsätze zu generieren. Ich bin ein verantwortungsvoller Arbeitgeber und möchte im Wesentlichen meine Mitarbeiter schützen. Die sind aber der ganz große Kostenfaktor.
Wie halten Sie dagegen? Ich spreche mit unseren Vermietern. Ich möchte das System aber nicht unnötig belasten und werde versuchen, bis zum Schluss Kosten aus eigener Kraft zu decken. Ich habe jahrelang umsichtig gewirtschaftet und versucht, Rücklagen zu bilden.
Sie und Ihre Mitarbeiter engagieren sich gerade ehrenamtlich.
Wir haben uns der Initiative „Kochen für Helden“angeschlossen, kochen täglich 200 bis 400 Essen für die Mitarbeiter des Hamburger Universitätskrankenhauses. Damit das System nicht zusammenbricht. Einige meiner Mitarbeiter engagieren sich auch im Einzelhandel und füllen Regale auf. Das finde ich großartig.