„VIELE FRAUEN HABEN ANGST, LOSZULASSEN“
Das rät Lisa Pecho, Fachärztin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie
Frau die Wir getrieben Menschen Dr. Warum Pecho, sind haben ticken Sie von sehen ein dem wir großes so? Drang etliche Bedürfnis nach Frauen, Perfektion. nach in der Zugehörigkeit Mehrheit, den und äußeren versuchen gesellschaft deshalb lichen Anforderungen gerecht zu werden. Komplett selbst optimiert? Ja. Denn gerade auch in unsicheren Zeiten sind Anpassung und Selbstoptimierung vor allem der Versuch, die Kontrolle zu bewahren. Es lenkt ab, wenn ich mich so um mich selbst drehe, dann bin ich auf sicherem Terrain. Was macht das mit uns? Es verunsichert uns zutiefst. Weil die Gefahr besteht, dass mein Innerstes ein Stück weit verhungert, wenn ich mich so im Äußeren verorte. Wie können wir wieder zu einem liebevolleren Umgang mit uns finden? Ich zeige meinen Patientinnen gerne das Bild eines Baumes. Oben ist die Krone, sie steht
für unsere das Optimierung, Äußere: die Erfüllung den perfekten von Pflichten, Körper. Was passiert aber, wenn man 80 bis 90 Prozent seiner Energie nur in diese Krone steckt? Das Baumstämmchen, also das, was diese riesige Krone trägt, wird immer dünner, schmaler und brüchiger. Es kommt zu Depression, Ängsten, Burnout, einer Essstörung. Und dann? Als Therapeutin versuche ich, mit Frauen daran zu arbeiten, dass sie wieder an ihre tiefer liegenden Gefühle und Bedürfnisse herankommen, dass sie Innenschau halten. Was könnte da hervorkommen? Viele sagen, sie hätten alles im Griff, sähen gut aus, müssten eigentlich zufrieden sein. Und trotzdem merken sie: Das bin alles gar nicht ich!
Zu viel Tempo, zu viele Pflichten?
Ja. Wir leben heute zu schnell. Das ist aber oft
nicht das Tempo, das uns Menschen biologisch entspricht. Viele wollen einfach mal nichts müssen. Träumen, lesen und nicht am Wochenende fünf Verabredungen haben. Sie bestärken die Frauen darin?
Ja. Denn das innere Selbst braucht meist etwas anderes als das, was von außen erwartet wird. Ich erlebe allerdings viele Frauen in meiner Praxis, die haben große Angst, loszulassen. Sie fürchten: „Wenn ich jetzt lockerer werde, habe ich nichts mehr im Griff. Dann ist mein Leben quasi ruiniert.“Aber natürlich darf ich am Sonntag zu Hause sein, auch wenn draußen die Sonne scheint! Und wenn ich heute Lust habe, den ganzen Tag die Schlafanzughose anzubehalten, kann ich mich doch morgen wieder lustvoll in Schale werfen. Wohlwollender mit seinem Körper umzugehen, bedeutet eben nicht, sich zu vernachlässigen, sondern sich Gutes zu tun!