Ferdinand Piëch: Erbitterter Erbstreit in der Milliardärsfamilie
FERDINAND PIËCH Nach dem Tod des Automobil-Tycoons tobt hinter den Kulissen ein erbitterter Kampf unter seinen Hinterbliebenen
Dallas“? „Denver-Clan“? Von wegen! Die neueste Saga um Geld, Liebe, Macht und Dieselmotoren läuft nicht im TV, sondern spielt live im malerischen Salzburg. Und beweist einmal mehr, dass reich noch lange nicht glücklich bedeutet. Im Mittelpunkt steht der einst mächtigste Mann der Automobilbranche Ferdinand Piëch (†82) und die Frage: Wer erbt seine (geschätzt) 1,5 Milliarden? Mit dem plötzlichen Tod des ExVW-Chefs 2019 brach ein erbitterter Familienstreit aus. Auf der einen Seite steht Piëchs letzte Ehefrau Ursula, die er abgöttisch geliebt hat. Auf der anderen seine 13 ehelichen und unehelichen Kinder von vier Frauen, zu denen er ein durchwachsenes Verhältnis hatte.
Schon vor über zehn Jahren hat der knallharte Manager versucht, seinen Nachlass zu regeln, indem er sein Vermögen in zwei Privatstiftungen mit Sitz in Liechtenstein einbrachte. Zur „FAZ“sagte Piëch damals: „Die Erbengemeinschaft widert mich an.“Und: „Für das Verprassen habe ich nicht das geringste Verständnis.“Plan war, dass seine Kinder nur aus den Gewinnen der Stiftungen Ausschüttungen erhalten. Oder sich, noch besser, mit einer einmaligen Zahlung von einer Million Euro abfinden lassen. Verständlich, dass nicht alle 13 glücklich damit waren. Die Ansage heute ist allerdings noch radikaler: Sie sollen besser „allesamt auf ihr Erbe verzichten“schreibt das „Handelsblatt“und beruft sich auf die Anwälte der Erben.
Hintergrund sei der Diesel-Skandal, der Volkswagen über 30 Milliarden Euro gekostet hat, und damit verbundene Haftungsrisiken für den Nachlass. Sollte der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende posthum ins Kreuzfeuer geraten, könne es teuer werden für die Erben.
Kein Wunder, dass bisher nur eines der 13 Kinder das Erbe antreten will. Der Rest schweigt – noch! – und sammelt Munition für die große Schlacht um die VW-Millionen. Als besonders explosiv gilt ein 13-seitiger Schriftsatz, der den Anwälten vorliegt. Dieser listet „Recherchen zu zweifelhaften Geschehnissen rund um das Vermögen und die Erbschaft des gebürtigen Wieners detailliert auf“, wie das „Handelsblatt“weiter berichtet. Angefangen bei Schenkungen von Ferdinand Piëch an seine Ursula allein seit 2018 in Höhe von 16 Millionen Euro bis hin zu verschwundenen Verträgen, Handys, Laptops, Safe-Schlüsseln und einer wertvollen Sammlung Samurai-Schwerter, die nicht mehr auffindbar ist. Kontoauszüge habe ihr Mann immer gleich zerrissen, soll Ursula Piëch auf Nachfrage geantwortet haben. Aufträge habe er meist mündlich erteilt. Aber wie lässt sich erklären, dass die Erben im Mai 2020 vor leeren Schränken standen, als sie Piëchs Häuser in Kufstein, Salzburg und am Wörthersee in Augenschein nahmen? Alle Wertgegenstände waren weg. Nicht mal die Frage, was in das Vermögensinventar aufzunehmen ist, ist bis jetzt geklärt. Da hilft auch ein „Letztgültiges Testament“von 2015 nicht, das in knappen Zeilen die eine Hälfte des Privatvermögens der Witwe, die andere seinen Kindern zuschreibt. Denn dieses Dokument ist zwar unterschrieben, aber der Text liegt nicht im Original vor. Zeugen gab es nicht. Nach österreichischem Erbrecht ist es ungültig.
Und das ist erst der Anfang dieser Saga, die das Potenzial zur Shakespeare-Tragödie hat. Als moderner Macbeth ein Vater, der seine Familie mit der machttrunkenen Unnachgiebigkeit eines Großunternehmers geführt hat und offenbar dachte, er könne sogar über seinen Tod hinaus einen Deal abschließen. Hinterlassen hat Ferdinand Piëch vor allem Neid, Missgunst und verbrannte Erde. Eine Großfamilie, die nur noch über Anwälte miteinander verkehrt. Eine Dynastie, die sich von innen heraus selbst zerfleischt. Der nächste Akt folgt…