Ernährung:
NACHHALTIGE ERNÄHRUNG hilft unserem Planeten und ist obendrein gesund. Aber wie gelingt das jeden Tag? BUNTE zeigt den Weg zum Genuss ohne Reue
Tipps für eine nachhaltige und gesunde Lebensweise
Filmstar Julia Roberts baut auf ihrer Farm Gemüse an, ebenso wie Milla Jovovich. „Ich liebe es, meinen drei Kindern zu zeigen, wo ihr Essen eigentlich herkommt – vom Samen bis zum Teller“, erklärt die Dreifach-Mama. Nachrichtensprecherin Judith Rakers hat sogar eigene Hühner, die täglich frische Eier liefern. Das sind nur drei Beispiele von vielen, denn immer mehr Prominente haben sich inzwischen der Nachhaltigkeit verpflichtet.
Was das bedeutet? „Nachhaltige Ernährung ist aktiver Umweltschutz. Wichtig ist, sich darüber bewusst zu werden, dass wir in allen Bereichen unseres Lebens Ressourcen haben, die endlich sind. Wir sollten stets nur so viel verbrauchen, wie problemlos nachkommt“, fasst Kira van den Hövel, Ökotrophologin und Nachhaltigkeitsexpertin an der Hochschule Düsseldorf, zusammen. Nun hat natürlich nicht jeder einen eigenen Garten, geschweige denn eine Farm. Da stellt sich die Frage: Können sich auch Normalverdiener im Alltag nachhaltig ernähren? Bei welchen Produkten kann man guten Gewissens zugreifen? Und worauf sollte man verzichten? Wichtig: „Wer etwas ändern will, muss weder sofort sein Leben umkrempeln noch ein schlechtes Gewissen haben, wenn der Alltag nicht perfekt nachhaltig gelingt. Es geht um viele kleine Schritte. Wenn ich nur eine Sache ändere, ist das schon gut“, so van den Hövel.
Womöglich gelingt es mit folgenden Ratschlägen, das eigene Einkaufs- und Ernährungsverhalten Schritt für Schritt ein bisschen umweltgerechter zu gestalten:
REGIONAL einkaufen
Lebensmittel, die nach Deutschland importiert werden, haben fast immer eine schlechtere Klimabilanz. Sie müssen besonders aufwendig verpackt werden und legen Hunderte Kilometer zurück. Die bessere Alternative: einkaufen, was hier wächst. Kürzere Transportwege senken den Energie- und Rohstoffverbrauch.
Exoten wie Mangos oder Avocados, die mit dem Flugzeug reisen, sollten möglichst selten auf unserer Speisekarte stehen. „Das ist nicht nur besser für die Umwelt, sondern oft auch gesünder“, so van den Hövel. „Was regional wächst, kann später geerntet werden und ist dadurch reicher an wertvollen Inhaltsstoffen wie Vitaminen. Umgekehrt wird Importware oft in einem Stadium geerntet, in dem Obst und Gemüse noch nicht ausgereift sind. Eine Tomate, die aus Spanien eingeflogen wird, war viel kürzer am Strauch, denn sie muss frisch bleiben von der Ernte bis in den Supermarkt.“Negativ für die gesunden Inhaltsstoffe ist auch eine zu lange, manchmal sogar falsche Lagerung. „Der Gehalt an wertvollen Nährstoffen nimmt mit jedem Tag ab. So verliert frischer Blattspinat schon nach drei Tagen Lagerung bis zu drei Viertel seines Vitamin-C-Gehalts. Ein frisch geernteter reifer Apfel enthält rund 10 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm, nach elf Wochen Lagerung bei drei Grad sind es nur noch fünf“, erklärt Ökotrophologe Dr. Malte Rubach.
Nach JAHRESZEITEN essen!
Regionaler Einkauf allein nützt wenig. Wer im Frühling im Supermarkt eine Tomate aus Deutschland kauft, tut der Umwelt keinen Gefallen. Denn Tomaten, die außerhalb der Saison bei uns reifen, stammen in der Regel aus beheizten Gewächshäusern. Sie verursachen bis zu 75 Prozent mehr Treibhausgasemissionen als Tomaten, die dank Sonnenstrahlung reifen.
„Durch die ständige Verfügbarkeit gerät oft in Vergessenheit, dass jedes Obst und Gemüse seine Saison hat“, betont van den Hövel. Somit gilt: Beim Einkauf sollte man die Erntezeit beachten. Ein Saisonkalender, z. B. als App („Saisonkalender“oder „GrünZeit“für iPhone und Android), hilft, den Überblick zu bewahren.
Gerade am Ende des Winters ist das heimische Angebot in Deutschland überschaubar. Wer Lust auf Zitrusfrüchte oder auch mal eine Avocado hat, dem rät van den Hövel, beim Einkauf auf europäische Anbaugebiete zu achten:
„Wer etwa gerne Avocado isst, kauft diese am besten von November bis Mai aus Spanien. Das ist zwar klimatechnisch nicht optimal, doch die Importwege sind deutlich kürzer als aus Südamerika, wo Avocadoplantagen obendrein zu Wasserknappheit und Waldrodung.“Gesundheitsfaktor: Was außerhalb der passenden Jahreszeit angebaut wird, unter Folientunneln oder im Treibhaus, muss stärker gedüngt werden und ist somit mehr belastet. Saisonales Obst und Gemüse enthält zudem durch bessere Reifung mehr Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe. Einige Nährstoffe bilden sich sogar nur, wenn die Pflanze ausreichend Sonnenlicht bekommt. Ein im August geernteter Freilandsalat hat einen drei- bis fünfmal höheren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen als ein im April geernteter. Freilandtomaten enthalten ein Drittel mehr Vitamin C als Treibhausgewächse.
Und was ist mit Lebensmitteln, die in Deutschland nie Saison haben und auch nicht in Europa angebaut werden?
„Auch bei mir landen ab und zu Bananen oder Ingwer im Einkaufswagen, aber möglichst selten“, so van den Hövel. „Man kann sich rein regional gesund ernähren. Wenn man gerade erst mit nachhaltiger Ernährung anfängt, ist das aber schwer durchzuhalten.“
MEHR Leitungswasser trinken
Trinken muss sein, denn unser Körper besteht zu mindestens 70 Prozent aus Wasser und es ist elementar für viele Prozesse. Doch woran kaum jemand denkt: „Getränke stehen im Bereich Ernährung direkt nach Fleisch auf Platz zwei der Klimaschädlichkeit“, weiß Rubach. Getränke verursachen
GETRÄNKE SIND FAST GENAUSO KLIMASCHÄDLICH WIE FLEISCH Abgefülltes Wasser belastet das Klima 600mal MEHR als Leitungswasser
pro Kilogramm oder Liter etwa ein halbes Kilogramm Treibhausgase und verbrauchen gut einen Quadratmeter Land. Im Schnitt trinkt jeder Deutsche täglich um die eineinhalb Liter. Und so kommt Rubach in seinem Buch „Die Ökobilanz auf dem Teller“auf rund 30 Millionen Tonnen Treibhausgase in Deutschland für Getränke und fast sieben Millionen Hektar Flächenverbrauch. „Für eine Person bedeutet das, dass ein Flug von München nach Berlin und wieder zurück bereits den Treibhausgasen für den Jahresverbrauch an Getränken entspricht. Auf die verbrauchte Fläche bezogen wäre dafür ziemlich gut ein Tennisplatz anzusetzen“, so Rubach.
Nun kommen wir aber ums Trinken genauso wenig herum wie ums Essen. „Eine einfache Maßnahme wäre es deshalb, vorrangig Leitungswasser zu trinken“, plädiert Rubach. Leitungswasser ist eines der am besten kontrollierten Lebensmittel überhaupt. Unser Körper benötigt kein spezielles Mineralwasser. Zudem lohnt sich Leitungswasser auch für den Geldbeutel: Eine Flasche Mineralwasser gibt’s ab 13 Cent pro Liter beim Discounter, dafür bekommt man etwa 6,5 Liter Leitungswasser. Das gesparte Geld investiert man am besten in eine Trinkflasche, zum Beispiel aus Edelstahl oder Glas. So ist man auch unterwegs versorgt und kann auf aktuell ca. 5200 Auffüllstationen (refill-deutschland.de)in zahlreichen deutschen Städten zugreifen. In Geschäften, Firmen und Einrichtungen mit dem Refill-Aufkleber darf kostenlos Leitungswasser aufgefüllt werden.
„Viel dramatischer noch als Wasser ist aber die Klimabilanz beim Kaffee“, betont Rubach. Der Klimabeitrag einer Tasse Kaffee, die wir in Deutschland auf den Tisch stellen, kommt auf etwa 114 Gramm Treibhausgase. Zu diesem Ergebnis kommt eine Schweizer Firma. „Viele Menschen versuchen, ihren Kaffee durch Kuhmilchalternativen aus Hafer oder Soja klimafreundlicher zu machen. Viel konsequenter wäre es aber, statt Kaffee Tee zu trinken. Oder eben nur eine Tasse Kaffee statt drei Tassen, bei der dann auch ein Schuss Kuhmilch keinen großen Unterschied mehr macht“, rät Rubach.
Fleischkonsum REDUZIEREN
Knapp 60 Kilo Fleisch isst jeder Deutsche pro Jahr. Für das Klima macht es einen gewaltigen Unterschied, ob ein Steak oder ein Gemüsegericht auf dem Teller landet: „Bei der Produktion von einem Kilo Fleisch entstehen im Schnitt 20 Kilo Treibhausgase, ähnlich viel wie bei einer Autofahrt von München nach Salzburg oder Zugfahrt von München nach Berlin“, weiß Rubach. Ein Kilo Gemüse kommt auf nur 2,7 Kilogramm CO2. Auch der Wasserverbrauch ist enorm: Zwischen 2500 und 7700 Liter benötigt regionales Fleisch aus Deutschland, ein Kilo Weizen kommt mit 800 Litern aus. Allerdings liefert in Deutschland derzeit noch Regenwasser rund 90 Prozent dieser Mengen und die Landwirtschaft ist deshalb insgesamt nur für gut ein Prozent des Frischwasserverbrauchs verantwortlich. „Die Zahlen erschrecken natürlich. Dennoch zeigen meine Analysen: Wer bewusst Fleisch konsumiert, schadet dem Klima nicht mehr, als etwa ein Veganer oder Vegetarier“, so Rubach.
Das sieht van den Hövel anders: