Alexander Zverev:
Ärger mit der Ex
Je weiter Unrecht in die Vergangenheit rückt, umso schwieriger wird es, die Wahrheit zu beweisen. In Amsterdam klagen derzeit drei Erben auf die Rückgabe des berühmten Gemäldes „Bild mit Häusern“von Wassily
Kandinsky. Unbestritten stammt das Millionen teure Werk aus der Sammlung des jüdischen Nähmaschinenfabrikanten Lewenstein. 1940 – die Niederlande waren bereits von den Nazis besetzt – landete das Gemälde in einer Auktion. Das Stedelijk Museum kaufte es damals für einen Spottpreis.
Nun fordern die Erben – Kinder aus den späteren Ehen des geschiedenen Paares Robert Lewenstein und Irma
Klein – die Rückgabe des Kunstschatzes. Ihre verstorbenen Vorfahren seien vor 80 Jahren zum Verkauf gezwungen worden, sagen sie. Die Rückgabekommission verwehrte jedoch die Restitution. Sie argumentiert, Irma Klein habe das Bild während ihrer Scheidung freiwillig verkauft. Ihr damals getrennt lebender Mann Robert hatte 1940 Amsterdam verlassen.
Diese Geschichte sei „Unsinn“, widerspricht Axel Hagedorn, Anwalt der Erben. „Keine jüdische Familie hat während der Besatzung freiwillig Bilder verkauft.“Außerdem habe das Ehepaar einen bitteren Rosenkrieg ausgefochten. „Schon deshalb erscheint es unglaubwürdig, dass Robert Lewenstein einem Verkauf zugestimmt haben soll.“Und noch ein Argument mag überzeugen: Nirgends finden sich Belege, wer damals die 160 Gulden erhalten hat, „denn die hätten ja unter den Eheleuten geteilt werden müssen“.
Im Dezember will das Amsterdamer Gericht über den Fall urteilen. Die Entscheidung könnte auch das Schicksal eines zweiten Bildes beeinflussen: Im Münchner Lenbachhaus hängt „Das bunte Leben“, eine Leihgabe der Bayerischen Landesbank. Auch dieser Kandinsky gehörte einst der Familie Lewenstein. Auch dieses Bild wurde 1940 in jener Auktion versteigert. Nicht freiwillig, betonen die Erben – und verlangen die Rückgabe des Millionenschatzes.