Anne Hathaway: Die Schauspielerin über die Liebe
ANNE HATHAWAY Die Hollywood-Schauspielerin schwärmt von ihren Söhnen – und von der Liebe, die ihr Leben bestimmt
ES HAT GEDAUERT, BIS ICH DIE WAHRE LIEBE GEFUNDEN HABE
Bekannt wurde sie in „Plötzlich Prinzessin“, in „Der Teufel trägt Prada“bot sie Meryl Streep, 71, die Stirn, ihren Oscar bekam sie für das Musical „Les Miserables“: Anne Hathaway hat mit ihren 38 Jahren eine Hollywood-Karriere vorzuweisen, die außergewöhnlich ist. Und sobald die Kinos wieder öffnen, sehen wir sie in der schaurig-schönen Familienkomödie „Hexen hexen“, in der sie ihre magischen Kräfte dafür nutzt, um Kinder zu jagen.
Als Film-Hexe haben Sie kein positives Verhältnis zu Kindern. Was halten Sie selbst von Ihren beiden Kleinen? Ach, die sind ganz furchtbar.
Keine süßen Engel? Es sind einfach nur Kinder.
Was sind die wichtigsten Erfahrungen, die Sie mit Ihren Kindern gesammelt haben? Mutter zu werden, hat mich komplett verwandelt. Es ist eine erstaunliche Erfahrung, wenn du jemandem zuschauen kannst, wie sich sein Gehirn entwickelt, wie sich sein Selbst und sein Bewusstsein heranbilden. Dadurch habe ich eine Lektion nach der anderen gelernt. Es war die reinste Offenbarung.
Was für Lektionen waren das? In meiner ganzen Laufbahn als Schauspielerin war ich immer sehr, sehr hart zu mir selbst. Auf diese Weise habe ich mich angepeitscht. Aber seit ich Kinder habe, weiß ich: Es ist viel hilfreicher, wenn du dich so akzeptierst, wie du bist, und dich mit Liebe motivierst. Das machen mein Mann und ich bei unseren Kleinen: Wir lieben sie, wir nehmen sie so an, wie sie sind. Sanfte Methoden fruchten viel mehr – auch mir selbst gegenüber. Deshalb bin ich viel glücklicher, mein Herz ist mir aufgegangen.
Was könnte Ihre Film-Hexe von Ihren Kindern lernen? Alles. Diese Frau hat einen Stein, wo andere ein Herz haben. Sie könnte Humor lernen, sie könnte lernen, andere zu lieben und mit Respekt zu behandeln. Und sie sollte aufhören, sich ständig als Genie zu bezeichnen.
Sie ist also das komplette Gegenteil von Ihnen… Abgesehen davon, dass ich ein Genie bin. Im Ernst, ich hoffe, dass ich nichts mit ihr gemeinsam habe.
Sie selbst können sich ja über einen Mangel an Liebe nicht beklagen. Seit acht Jahren sind Sie glücklich verheiratet. Aber es hat gedauert, bis ich wahre Liebe gefunden habe. Das ist nicht über Nacht passiert. Letztlich musste ich da was in mir ändern. Früher habe ich immer in folgenden Kategorien gedacht: Ich muss das und das tun, ich muss meditieren, ich muss etwas vollbringen, und so werde ich eines Tages an den Punkt kommen, wo ich Liebe erfahre. Aber das ist ein Irrtum. Letztlich habe ich einfach losgelassen. Ich habe gewissermaßen kapituliert, und so habe ich mein Glück gefunden. Denn Liebe umgibt uns, wir müssen sie nicht erarbeiten oder ihr nachjagen, sondern uns ihr einfach preisgeben.
Hatten Sie je das Ziel, deshalb zu heiraten? Mein oberstes Ziel oder besser, meine Hoffnung war es, ein guter Mensch zu sein. Ich wollte auch immer Kinder, und dazu passte natürlich ein Ehemann. Aber ich hätte nicht unbedingt einen gebraucht. Ich dachte mir, es wäre hübsch, einen zu haben. Als es dann so weit war, dann könnte man sagen, dass meine Seele die seine erkannt hat. So etwas schafft eine viel tiefere Verbindung zwischen zwei Menschen. Da fühlte sich Heiraten auch richtig an. Denn mein Mann ist die Liebe meines Lebens.
Liebe ist offensichtlich Ihr großes Thema. Ja, weil sie die Antwort auf alle Fragen ist, die wir seit Tausenden von Jahren haben. Wir müssen nicht mehr darauf warten, sondern einfach auf sie zugreifen. Sie ist die Lösung für alle Probleme.
Auch für die Pandemie, in der wir uns befinden? Sie hilft einem, das zumindest psychisch zu bewältigen. In solchen Situationen musst du dich auf dieses Gefühl konzentrieren und sollst es nicht hinterfragen.
Das mag privat helfen. Aber in unserer Gesellschaft geht es ja nicht unbedingt liebevoll zu. Dessen bin ich mir bewusst. Aber ich denke, dass sich insgesamt etwas zum Positiven ändert. Das sehen wir ja auch an den gesellschaftlichen Entwicklungen, der neuen Bewegung für Gleichberechtigung. Das gibt mir Hoffnung. Denn ich sehe eine neue Generation heranwachsen, die von den Eltern mit Liebe großgezogen worden ist und die deshalb versteht, wie wir miteinander umgehen sollen. Wenn sie erst mal die Geschicke unserer Welt bestimmt, wird das fantastisch.
Sie klingen so hoffnungsvoll und enthusiastisch. Kennen Sie keine Ängste? Oh doch. Wenn ich diesen Eindruck vermittelt haben sollte, dann muss ich mich entschuldigen. Ich habe nur sehr begrenzt Kontrolle – nämlich über die Dinge in meinem persönlichen Leben, auf die ich mich konzentrieren kann. Aber auf der ganzen Welt gibt es Dinge, die einem Angst machen. Und manchmal spielen deine Hormone verrückt. Es gibt immer mal Tage, wo ich absolut panisch werde.
Was machen Sie dann? Ich habe zum Glück Menschen um mich herum, die mich erden. Durch sie komme ich auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich habe eine Methode, um mit solchen Anfällen von Angst fertigzuwerden. Ich setze mich ruhig hin und konfrontiere mich mit diesen Gefühlen. Das heißt, ich laufe nicht vor ihnen davon, sondern erinnere mich daran, dass alles zwei Seiten hat. Es gibt ein wunderbares Gedicht des persischen Poeten Rumi, der das genau zum Ausdruck bringt: „Das Gasthaus“. Er sagt darin, dass jeder Gedanke, jedes Gefühl, das wir haben, unser Gast ist. Wir sollten diesen Gast mit Respekt behandeln, egal ob er nun Empfindungen von Sorge oder Freude mitbringt. Jeder ist willkommen, denn er wird ja nicht ewig bleiben.