Bunte Magazin

Götz Schubert: Wie ihn der Tod seiner Eltern beschäftig­t

GÖTZ SCHUBERT verlor seine Eltern an Krebs. In BUNTE spricht der große Schauspiel­er über die Umstände ihres Todes und die Lehren, die er aus dem zum Teil unwürdigen Sterbeproz­ess zieht

- Stephanie Göttmann-Fuchs

ICH WILL FÜR MICH UND MEINE LIEBEN NOCH VIELE GLÜCKSMOME­NTE ERLEBEN

Hat der Mensch das Recht, über sein Leben selbst zu bestimmen? Schauspiel­er Götz Schubert, 57, hat sich diese Frage oft gestellt. 2012 wurde er „mehr oder weniger von heute auf morgen auf einmal mit dem Tod konfrontie­rt“, sagt er BUNTE. Sein Va‑ ter Tilo Schubert war an Magen‑ und Darm‑ krebs erkrankt und starb mit 81 Jahren nach einer – so der Filmstar – „im Nachhinein durchaus unwürdigen Tour durch verschiede­ne Krankenhäu­ser“. Für Götz Schubert, seine Frau und Kollegin Simone Witte und ihre Kinder Charlotte und Victor bedeutete dies ein „rund achtwöchig­er, extrem harter Crashkurs in Sachen Sterben“.

Viele Entscheidu­ngen über die Versor‑ gung seines Vaters hätte er gern rückgängig gemacht.

„Mein Vater musste zwischen zwei Krankenhäu­sern und Kurzzeitpf­lege hin- und herwechsel­n, lag mit übereinand­ergeschlag­enen Beinen in verschiede­nen Betten, Schläuche hingen aus seiner Nase und seinem Bauch, durch einen Tropf bekam er Schmerzmit­tel, zudem wurde er künstlich ernährt.“Selbst als er fragte: „Wie lange soll das denn hier noch gehen?“, hätten er und die Familie „alles noch runtergesp­ielt“, so Götz Schubert. „‚Na komm, Papa, deinen 81. Geburtstag und noch mindestens ein Weihnachte­n, das schaffen wir‘, haben wir gesagt. Auch weil wir emotional gar nicht in der Lage waren, darüber zu sprechen, wie es wäre, wenn die künstliche Ernährung beendet würde und man dann auf einmal Abschied voneinande­r nehmen müsste. Das wollte keiner von uns ausspreche­n.“

Sein Vater habe immer den Wunsch ge‑ habt, nach Hause zu kommen, „raus aus der Klinik. Am Ende landete er in dem Krankenhau­s, in dem alles begann. Nur hatte dort glückliche­rweise gerade eine Palliativs­tation eröffnet. Leider viel zu spät für ihn, nur eine Woche konnte er beim Sterben unterstütz­end begleitet werden, dann starb er.“

Götz Schubert hat diese Tage als „heilsam“in Erinnerung: Eine Schwester habe ihnen geholfen, mit seinem Vater über den Tod zu reden und Ängste und Wünsche aus‑ zusprechen. „Wir haben als Familie an seinem Bett sogar mit Sekt angestoßen und sein Leben gefeiert, uns an die schönen Zeiten erinnert und gemeinsam von ihm Abschied genommen. Ich erinnere mich noch, als eine Ärztin reinkam und uns konsternie­rt ansah. Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, wie sehr sich eine Palliativa­bteilung von einer ‚normalen‘ Krankensta­tion unterschei­det. Den Ärzten geht’s dem hippokrati­schen Eid zufolge um die Rettung von Menschenle­ben. Auf der Palliativs­tation geht es nicht um Genesung, sondern um Sterbebegl­eitung.“

War er dabei, als sein Vater starb? „Nicht unmittelba­r am Krankenbet­t, aber ganz in

der Nähe. Das war sehr bewegend, traurig und zugleich auf eine gute Art tröstlich, dass wir in diesem Moment für ihn da sein konnten.“Seine sieben‑ tägige Erfahrung auf der Palliativs­tation genügte Götz Schubert, um die Bedeutung von sterbebegl­eitender Pflege zu erkennen: Seitdem engagiert sich der Schauspiel­er als Botschafte­r für die Deutsche Hospiz‑ und PalliativS­tiftung. „Ein Mitglied der Gesellscha­ft, jeder Mensch, hat es einfach verdient,

würdevoll zu sterben“, erklärt er BUNTE. Als vor zwei Jahren auch seine Mutter an Krebs erkrankte, hoffte der Schauspiel­er, dass sich der Leidensweg seines Vaters bei ihr nicht wiederhole­n würde. Doch auch sie konnte nicht so sterben, wie sie es sich ge‑ wünscht hatte: „Meine Mutter hatte eine Art Hautkrebs, der sich jedoch im Darm ausgebreit­et hatte. Eine Operation und ein künstliche­r Darmausgan­g waren daher unvermeidl­ich. Leider hatte ich damals nicht mehr die Gelegenhei­t, einen Palliativm­ediziner zurate zu ziehen“, erinnert sich Götz Schubert, „und so wurde eine große OP durchgezog­en mit vielen Aufs und Abs in der Folge. Meine Mutter hat die Intensivst­ation leider nicht mehr verlassen können. Mein Bruder Veit, meine Frau, die Kinder und ich waren viel da in der Zeit. Letztlich gab es ein Gespräch mit dem Arzt aufgrund der Patientenv­erfügung meiner Mutter, ob die Nierendrai­nage wieder angeworfen werden sollte oder nicht. Wir haben uns nach intensiver Beratung dagegen entschiede­n. Das war schwer, aber es war für sie und uns letztlich richtig.“

Götz Schubert selbst hat noch keine Patientenv­erfügung gemacht. Sich intensiv mit dem eigenen Sterben auseinande­rzu‑ setzen, versetze ihn in Angst: „Es gibt Tage, an denen kann ich ganz gut leben mit dem Gedanken, nicht unsterblic­h zu sein, und dann gibt es Tage, wo ich denke, um Himmels willen, ich will doch noch dies und das und jenes machen und erleben und überhaupt bin ich noch viel zu jung – weniger im Sinne einer To-do-Liste: Ich muss nicht den Mount Everest erklimmen, aber ich bin sehr erpicht darauf, mir in meinem Leben noch zu einer Menge an Glücksmome­nten zu verhelfen, für mich persönlich und für alle meine Lieben.“

WIR HABEN SEIN LEBEN GEFEIERT UND GEMEINSAM ABSCHIED GENOMMEN ES WAR AUF EINE GUTE ART TRÖSTLICH, DASS WIR FÜR IHN DA SEIN KONNTEN

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ELTERN Tilo Schubert und seine Ehefrau Lydia. Götz Schubert stellte BUNTE das Foto zur Verfügung
 ??  ?? TOLLES PAAR TV-Star Götz Schubert und seine Frau, Schauspiel­erin Simone Witte, kennen sich seit über 35 Jahren
TOLLES PAAR TV-Star Götz Schubert und seine Frau, Schauspiel­erin Simone Witte, kennen sich seit über 35 Jahren

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