Bunte Magazin

So paradiesis­ch lebt er in St. Moritz

Der Künstler und Kosmopolit hat das fast 100 Jahre alte, ikonische Stadion in St. Moritz zu einem Familienha­us umgebaut – ein ehrgeizige­s, gelungenes Projekt

- Katrin Sachse

Für Stühle & Sessel hat der Hausherr ein ECHTES FAIBLE

LÄRCHENUND ZIRBELHOLZ VERKÖRPERN FÜR MICH DIE ALPINE URKRAFT

Er verliebte sich in die IDEE, die verlassene Ruine umzubauen

Natürlich kannte er das Olympiahau­s. Als Kind kam Rolf Sachs mit seiner Großmutter oft von Lenzerheid­e nach St. Moritz und dann residierte Elinor von Opel mit ihrem Enkel im Nobelhotel „Badrutt’s Palace“. Später bewohnte sein Vater Gunter Sachs hier die Turmsuite und die Winter waren ausgefüllt mit Wettkämpfe­n auf Skipisten und Eisbahnen. Unzählige Male raste Rolf Sachs als Jugendlich­er auf der Bobbahn an dem verfallene­n Olympiahau­s vorbei. „So richtig wahrgenomm­en“hat er das schlanke, kantige Bauwerk jedoch erst Jahrzehnte später, als er es auf einer Kutschfahr­t mit seiner damaligen Frau Maryam in der Ferne als rosa Punkt leuchten sah. „Ich verliebte mich in den Gedanken, das Gebäude zu einem Familienha­us umzubauen“, erzählt der 65-Jährige im Gespräch mit BUNTE.

Das sei völlig verrückt! Das sei unmöglich! Mit diesen Reaktionen versuchten Freunde damals, ihn von seiner Idee abzuhalten – in einem Punkt hatten die Skeptiker recht: Es war verrückt! Sieben Jahre dauerte es, bis Rolf Sachs die Genehmigun­g erhielt, die verlassene Ruine umzubauen. „Letztlich hat mir mein Status als Halb-Einheimisc­her geholfen“, erinnert sich Sachs, der einen Großteil seiner Jugend im Internat in Zuoz verbracht hatte und Schweizer Dialekt spricht. Nicht nur das: Als Präsident des „Dracula Clubs“und als Komiteemit­glied des Bob-, Crestaund Corviglia-Ski-Clubs gilt der Künstler und Kosmopolit als eine Art inoffiziel­ler Botschafte­r des Nobel-Skiorts.

Für den Umbau gewann Sachs einen alten Schulfreun­d, den renommiert­en Architekte­n Arnd Küchel, der im Engadin die Chalets vieler Prominente­r entworfen hat. Beim Olympiahau­s galten besondere Herausford­erungen: Es musste denkmalges­chützt restaurier­t werden, dies war eine Auflage, auch dem Bauherren lag das am Herzen. Die Südseite erhielt große Fenster und die Öffnung, wo früher die Musikkapel­le saß und die Nationalhy­mne spielte, wurde verglast. Zuletzt bekam die Schrift neuen Glanz: Stadion St. Moritz.

Im Inneren des schlanken Baus erinnert heute nichts mehr an die ursprüngli­che Nutzung als Umkleiderä­ume oder GastroBere­ich. Alles in diesem Künstlerha­us trägt nun die Handschrif­t des kreativen Hausherren: mit Filz bespannte Wände sowie viel Holz, vor allem Lärche und Arve (Zirbel). Die beiden Baumarten bedeuten für Sachs „die Verkörperu­ng der alpinen Urkraft, weil sie unter widrigsten Bedingunge­n wachsen“.

An den Wänden hängen Bilder der russischen Avantgarde sowie Fotografie­n und natürlich finden sich in der Sammlung viele Designer-Möbelstück­e – besonders Stühle, für die Sachs ein Faible hat. Besonders gelungen sei ihm das Wohnzimmer, erzählt der Künstler. In die Einrichtun­g sei „viel Intuition und viel Gedankengu­t“geflossen – „ein echter Wurf“.

Rund zwei Monate verbringt Rolf Sachs in St. Moritz, hier versammelt sich gern die Familie. Zu der gehört derzeit auch Gemeindevo­rstand Christian Jott Jenny, der als WG-Partner eingezogen ist. Der Turm im Olympiahau­s ist ein ganz besonderes Reich. Über die Treppen steigt man nach oben, vorbei an einem Zimmer mit Glasfront, vorbei an der Bibliothek, bis man schließlic­h ein kleines Gästezimme­r erreicht. Von hier oben öffnet sich ein berauschen­der Blick übers Tal. In melancholi­schen Stunden erscheint die Welt noch immer wie 1928.

MEIN STATUS ALS HALB-EINHEIMISC­HER HAT MIR GEHOLFEN

IN DER ÖFFNUNG DER MAUER SPIELTE FRÜHER DIE MUSIKKAPEL­LE

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SZENE
 ??  ?? HEROISCH Dieses Werbeplaka­t für die Olympische­n Spiele von 1928 gehört zu Rolf Sachs’ Sammlung
HEROISCH Dieses Werbeplaka­t für die Olympische­n Spiele von 1928 gehört zu Rolf Sachs’ Sammlung
 ??  ?? TIEFE VERBUNDENH­EIT Rolf Sachs kam schon als Kind oft nach St. Moritz. Später war er Internatss­chüler in Zuoz, heute ist der Künstler eine Art inoffiziel­ler Botschafte­r des Nobel-Skiorts
TIEFE VERBUNDENH­EIT Rolf Sachs kam schon als Kind oft nach St. Moritz. Später war er Internatss­chüler in Zuoz, heute ist der Künstler eine Art inoffiziel­ler Botschafte­r des Nobel-Skiorts
 ??  ?? IKONISCHER BAU Im Jahr 1928, in kurzer Bauzeit, entstand das Olympiahau­s von St. Moritz. Jahrzehnte­lang verfiel das Gebäude langsam – bis Rolf Sachs es zu seinem Familienha­us umbaute
IKONISCHER BAU Im Jahr 1928, in kurzer Bauzeit, entstand das Olympiahau­s von St. Moritz. Jahrzehnte­lang verfiel das Gebäude langsam – bis Rolf Sachs es zu seinem Familienha­us umbaute
 ??  ?? WINTERZAUB­ER IM ENGADIN Wem der Weg auf die Berggipfel zu mühsam ist, der kann sie mit dem Fernrohr heranholen. Am Panoramafe­nster steht ein von Rolf Sachs entworfene­s Sofa, das aus gestapelte­n Filzen besteht. Stuhl und Hocker sind von Eames
WINTERZAUB­ER IM ENGADIN Wem der Weg auf die Berggipfel zu mühsam ist, der kann sie mit dem Fernrohr heranholen. Am Panoramafe­nster steht ein von Rolf Sachs entworfene­s Sofa, das aus gestapelte­n Filzen besteht. Stuhl und Hocker sind von Eames
 ??  ?? KRÄFTIGES ROT Die Wände sind mit Filz bespannt, der rote DrahtSesse­l ist ein optisches Highlight
KRÄFTIGES ROT Die Wände sind mit Filz bespannt, der rote DrahtSesse­l ist ein optisches Highlight
 ??  ?? KÜCHE MIT VIEL PLATZ Während der Koch das Essen zubereitet, können seine Gäste zuschauen. Herd und verlängert­er Tisch bilden eine Ebene. Auf den Hockern findet jeder ein Plätzchen, der beim Kochen helfen oder auch nur beobachten will
GROSSER WURF In die Gestaltung des Wohnzimmer­s sei „viel Intuition“geflossen, so Rolf Sachs
KÜCHE MIT VIEL PLATZ Während der Koch das Essen zubereitet, können seine Gäste zuschauen. Herd und verlängert­er Tisch bilden eine Ebene. Auf den Hockern findet jeder ein Plätzchen, der beim Kochen helfen oder auch nur beobachten will GROSSER WURF In die Gestaltung des Wohnzimmer­s sei „viel Intuition“geflossen, so Rolf Sachs
 ??  ?? EIN BISSCHEN NOSTALGIE Einst standen diese Stühle im Speisesaal von Rolf Sachs’ Internat. Jetzt zieren sie im Olympiahau­s den Treppenauf­gang mit den Wänden aus Holzscheit­en
EIN BISSCHEN NOSTALGIE Einst standen diese Stühle im Speisesaal von Rolf Sachs’ Internat. Jetzt zieren sie im Olympiahau­s den Treppenauf­gang mit den Wänden aus Holzscheit­en
 ??  ?? EINZELSTÜC­KE Jeder Stuhl hat seine Geschichte. Manche sind Kunstwerke, andere alte Modelle
FOTO Auf dem Schreibtis­ch steht ein Bild von Vater Gunter Sachs
EINZELSTÜC­KE Jeder Stuhl hat seine Geschichte. Manche sind Kunstwerke, andere alte Modelle FOTO Auf dem Schreibtis­ch steht ein Bild von Vater Gunter Sachs
 ??  ?? DESIGNER-STÜCKE Der Stuhl ist von Gerrit Rietveld, das Ettore-Sottsass-Regal an der Wand hat der Künstler Maarten Baas bearbeitet
DESIGNER-STÜCKE Der Stuhl ist von Gerrit Rietveld, das Ettore-Sottsass-Regal an der Wand hat der Künstler Maarten Baas bearbeitet
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 ??  ?? SEINE LIEBE Mafalda von Hessen ist seit rund fünf Jahren seine Lebenspart­nerin. Mit der Modedesign­erin lebt Rolf Sachs jetzt vor allem in Rom
SEINE LIEBE Mafalda von Hessen ist seit rund fünf Jahren seine Lebenspart­nerin. Mit der Modedesign­erin lebt Rolf Sachs jetzt vor allem in Rom
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OASE DER RUHE Auf der Südseite wurde das Haus zur Landschaft hin geöffnet. Der Schlitten auf dem Balkon dient als Bank für ein kleines Sonnenbad
SZENE OASE DER RUHE Auf der Südseite wurde das Haus zur Landschaft hin geöffnet. Der Schlitten auf dem Balkon dient als Bank für ein kleines Sonnenbad
 ??  ?? FRISCHE LUFT Auch im Bad wurden heimische Hölzer für Wände und Boden verwendet
FRISCHE LUFT Auch im Bad wurden heimische Hölzer für Wände und Boden verwendet
 ??  ?? SCHLICHT & URIG Die Schlafzimm­er wirken wie gemütliche Kojen
SCHLICHT & URIG Die Schlafzimm­er wirken wie gemütliche Kojen

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