Bewegende Worte über ihre Mutter Romy Schneider
SARAH BIASINI hatte lange unter dem Tod ihrer Mutter Romy Schneider gelitten. Doch die Geburt von Tochter Anna (2) veränderte alles für sie
Es sind Worte, die schmerzen. Wenn Sarah Biasini, 43, in ihrem Buch „La beauté du ciel“(Die Schönheit des Himmels) über ihre Mut‑ ter Romy Schneider († 43) schreibt, ist zu spüren, dass sie kaum Er‑ innerungen an die deutsche Filmlegende hat. Kein Wunder: Als Romy Schneider an Herzversagen starb, war Tochter Sarah gerade einmal vier Jahre alt. Die ganze Welt sprach damals vom gebrochenen Herzen einer tief verwundeten Frau – fast ein Jahr zuvor war ihr Sohn David († 14) aus ihrer Ehe mit Harry Meyen († 54) tra‑ gisch ums Leben gekommen, als er über einen Zaun in der Nähe von Paris klettern wollte.
Sarah Biasini litt sehr unter diesen tra‑ gischen Verlusten. 2014 sagte sie in einem Interview mit „Paris Match“, dass ihr erst eine dreijährige Psychoanalyse gegen die Traurigkeit geholfen habe. Wie schwer ihr die Erinnerung an Romy aber immer noch fällt, zeigt dieser Satz im neuen Buch: „Niemand will meine Mutter vergessen, außer mir. Alle wollen an sie denken, außer mir. Niemand würde so viel weinen, wenn ich anfange, an sie zu denken, wie ich.“
Im Februar 2018 ist sie selbst Mut‑ ter geworden, und sie will, dass Tochter Anna, 2, die sie mit Theater‑ regisseur Gilles Lefeuvre hat, etwas über das Leben ihrer weltberühmten Oma erfährt. „Ich kann über meine Mutter nicht sprechen wie andere. (…) Ich würde gern sagen, dass ihre Berühmtheit nur Nebensache ist, aber dann würde ich lügen. Ich werde nicht beginnen zu lügen und noch weniger dir gegenüber, der ich diese Geschichte erzähle, meine zweieinhalbjährige Tochter“, schreibt sie.
Auslöser für das Buch war aller‑ dings ein Anruf der Polizei am 1. Mai 2017, das Grab ihrer Mutter in dem kleinen Örtchen Boissy‑sans‑Avoir, rund 50 Kilo‑ meter von Paris entfernt, wur‑ de geschändet – was Sarah tief berührt. „Ich weiß nicht, warum ich so sehr weine. Es ist fast zu viel, es fällt mir schwer, mich zu beruhigen. Sie ist doch ohnehin schon tot. Es kann nicht schlimmer kommen.“
Doch kurz nach dem Anruf der Polizei geschieht das Un‑ glaubliche: Sie wird auf natür‑ lichem Wege schwanger. Vorher waren selbst zwei künstliche Befruchtungen er‑ folglos geblieben. „Seit zehn Jahren nicht verhütet, warum klappt es jetzt ausgerechnet?“, fragt sie sich. Noch dazu wird es ein Mädchen, wie sie es sich gewünscht hat. Es sei magisch und keineswegs Zufall, glaubt Sarah Biasini. Die Geburt dauert einen ganzen Tag, aber alles geht gut. Sie nennt die Tochter Anna Rosalie. Nach ihrem Lieblingsfilm von Romy Schneider „César und Rosalie“. Sie findet, dass Anna ihrer Oma Romy ähnelt. „Ein Leben wurde vor 38 Jahren beendet, eine anderes beginnt heute. In der Mitte stehe ich.“Die Geburt der Tochter ist auch eine Be‑ freiung. Ihr Mann Gilles, in den sie sich 2007 beim ersten Treffen verliebte, hatte ihr das vorherge‑ sagt: „Du wirst nicht mehr die Tochter einer Mutter sein, du wirst die Mutter deiner Tochter.“
In ihrem Buch wird aber deutlich, wie sehr der Tod ihr Leben nach wie vor be‑ stimmt. „Mutter sein bedeutet, verrückt zu werden. Vor Sorge. Sofort, bei der Geburt. Die ersten Monate waren Horror für mich. Ich bin 43 Jahre, ich werde nur ein Kind haben.“Sie macht sich Sorgen um das Baby und um sich. „Wie sollte man nicht an Unfälle denken – frühzeitige Tode kommen vor, denn sie haben in meinem Leben schon existiert. Wie soll man nicht in Panik geraten, wie sich überzeugen, dass es nicht mehr vorkommt? Ich habe Angst vor meinem Tod und deinem.“
Wie heute erinnert sie sich an den Tag, als ihr Vater Daniel Biasini, 72, ihr sagte: „Mama ist gegangen, um zu David zu gehen.“Die vierjährige Sarah verdrängte den Schock. „Ich weine nicht. Ich sage nichts. (…) Ich gebe vor, nicht zu hören, was mein Vater mir sagt. Ich verstehe, was mir passiert, aber ich will es nicht hören. Ich tue so, als sei es nicht tragisch.“
Ihre Großeltern väterlicher‑ seits ersetzten ihr die Mutter, erst später traf sie der Verlust mit voller Wucht. „Als ich klein war, hat mir meine Mutter nie gefehlt, denn ich hatte alle Zärtlichkeit, alle Liebe, alle Arme, alle Münder, die mich küssten. Der Mangel kommt später, es ist eher der Mangel eines Erwachsenen, die Neugier von Frau zu Frau: Wie wären unsere Gespräche gewesen? Wie hätten wir uns verstanden?“
Als Mutter wurde ihre Verbindung mit ihrer Mutter stärker. Sie schreibt: „Anna, meine Schönheit des Himmels, denn es ist von dort, woher du kommst, von deiner Großmutter im Himmel, die uns zuschaut.“Durch Annas Geburt füh‑ le sie sich neugeboren, schreibt sie der Tochter auch. „Jetzt bleibt nichts als zu leben, mein Herz.“
ALS ICH KLEIN WAR, HAT MIR MEINE MUTTER NIE GEFEHLT. DER MANGEL KOMMT ERST SPÄTER“