Tiefe Trauer um seinen geliebten Patensohn
Die Familie muss mit dem frühen Tod seines erst 23-jährigen Neffen Marco klarkommen. Der junge Mann wollte Arzt werden
FÜR DEN ALTKANZLER UND SEINE DREI KINDER WAR MARCOS TOD EIN SCHOCK
Familie ist das einzig sichere Fundament, besonders in schwierigen Zeiten. In diesem Bewusstsein sind Altkanzler Gerhard Schröder, 76, und seine vier Geschwister aufgewachsen. Die Familie war arm und man war auch nicht immer einer (politischen) Meinung – daraus machte der mächtige SPD-Politiker kein Geheimnis. Aber wenn es darauf ankam, hielt man zusammen. Der 25. April 2020 war einer dieser dunklen Tage, die wohl jede Familie an die Grenze ihrer Kräfte bringt. Marco Brücke, der jüngste Sohn von Gerhard Schröders Halbschwester Ilse Brücke, 66, und sein geliebter Patensohn, schied mit nur 23 Jahren plötzlich und unerwartet aus dem Leben. Dabei hatte der blonde junge Mann mit den warmen braunen Augen die allerbesten Aussichten auf ein erfolgreiches, glückliches Leben.
Marco studierte Medizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, hatte sein erstes Staatsexamen in der Tasche, arbeitete u.a. im Berliner Klinikum Charité. Marco sang im Paderborner Domchor, spielte Orgel und Klavier. Über seinen Auftritt bei der „Geistlichen Abendmusik in der Dorfkirche“schwärmte eine Zeitung: „Marco Brücke zeichnet sich als kompetenter und flexibler Solist und Begleiter an Orgel und Klavier aus. Besondere Erwähnung verdient sein ‚Pièce d’Orgue‘ (J. S. Bach): Beeindruckend, auch durch die Virtuosität, war seine Interpretation dieses Werkes auf unserer kleinen, aber feinen historischen Orgel.“
Auf dem Gymnasium Theodorianum in Paderborn war er Einserschüler und präsentierte als Abiturient eine selbst komponierte Sinfonie Nr. 1 als Uraufführung. Sein Freundeskreis schildert Marco als „klug und empathisch. Ein absoluter Charmebolzen. Marco war wundervoll. Er schien immer irgendwie von innen heraus zu leuchten. Es ist eine Tragödie, dass wir ihn verloren haben.“
Marco waren auch die traurigen Seiten des Lebens nicht unbekannt geblieben. Seine liebevolle Mutter, sein älterer Bruder, Kommilitonen und Chorkameraden hätten ihn mental wie emotional gestärkt. Doch Marco habe sich oft in den wiederkehrenden dunklen Gedanken verloren.
Als Gerhard Schröder vom Tod seines Neffen hörte, war es ein Schock für ihn und seine drei Kinder, die ihren Cousin sehr mochten. Marco war oft bei Schröders Familie in Hannover zu Besuch, Schröder finanzierte einen Teil von Marcos Studium. Zur Beerdigung reiste der Altkanzler mit Ehefrau Soyeon SchröderKim nach Paderborn. Sein Schmerz sei groß gewesen. Auf öffentlichen Trauerseiten im Internet entzünden Freunde und Marcos Mutter virtuelle Gedenkkerzen, mehr als 10000 Besuche zeigen die Seiten an. Ilse Brücke schreibt zuletzt am 24. Dezember 2020: „Lieber Marco. Ich wünschte mir so sehr, dass du wie immer am Heiligen Abend in der Küche stehen und uns ein Menü zaubern würdest. Du fehlst mir so. Deine Mama.“
Die jüngste Schwester von Gerhard Schröder, eine empathische Sonderschullehrerin, wurde 2002 bundesweit bekannt, weil sie mit 100 weiteren Eltern Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe einlegte – gegen ein Gesetz der damals rot-grünen Bundesregierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Die hatte den sogenannten Haushaltsfreibetrag für Alleinerziehende in Höhe von 2870 Euro gestrichen. „Die rot-grüne Regierung hat sich nicht genügend Gedanken gemacht“, sagte sie damals. Denn allein die Tagesstätte für den damals fünfjährigen Marco koste sie fast 130 Euro im Monat, nun müsse sie auf weitere 75 Euro monatlich verzichten. Die Beschwerde wurde im März 2003 nicht zugelassen. Gerhard Schröder soll damals stinksauer auf seine kleine Schwester gewesen sein. Inzwischen stehen sie sich wieder nah, auch durch Marcos Tod. Familie ist eben das einzig sichere Fundament.