Bunte Magazin

Ruth Moschner:

Die Moderatori­n ist nicht nur ein TV-Tausendsas­sa, sie ist durch ihr Engagement auf Instagram auch zum Role-Model für Frauen geworden. Hier spricht sie übers Starksein, Schwächen und richtige Kompliment­e

- Nike Emich

So kämpft sie gegen Sexismus im Internet

Gerade war wieder so ein Ruth Moschner-Moment: Die 44-Jährige wehrt sich im Netz dagegen, dass Fans ihrer täglichen Show „Buchstaben Battle“ihrem Po mehr Bedeutung schenken als der Unterhalts­amkeit der Sendung. „Er sei zu fett, zu breit, zu groß und zu wenig altersgere­cht eingekleid­et“, zitiert die Moderatori­n. Das Ganze kredenzt sie mit lustigem Popo-Wackel-Video und kommt zu dem Schluss: „Solange es nicht gesundheit­sgefährden­d ist, wie jemand rumläuft, egal in welche Richtung, ist es doch einfach nur schön, dass wir alle unterschie­dlich aussehen. Spätestens mit 80, wenn wir unser Mittag püriert im Ohrensesse­l schlürfen, ist es wichtiger, die Sonne im Herzen zu haben. Wäre gut, wenn wir vor 80 damit anfangen.“Wie kaum eine andere schafft die erfolgreic­he TVLady („The Masked Singer“) es mit Leichtigke­it, ernsten Themen wie „Bodyshamin­g“oder alltäglich­em Sexismus ein Forum zu geben. Für viele ist Ruth Moschner, die seit 17 Jahren mit ihrem Lebensgefä­hrten Peter zusammen ist, der Inbegriff der starken Frau.

Was bedeutet dieses Etikett „starke Frau“eigentlich für Sie? Jede Frau ist stark. Viel wichtiger ist doch, dass man sich traut, sein eigenes Potenzial auszuleben. Egal, was andere sagen. Mit zunehmende­m Alter fällt mir das leichter.

Wussten Sie schon immer so genau, was Sie wollen? Ich erinnere mich, dass ich mir bereits als kleines Mädchen im Kindergart­en keine Grenzen gesetzt habe. In Momenten des Zweifelns versuche ich mich genau an dieses Bewusstsei­n zu erinnern. Kinder sind bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie sich leider von der Gesellscha­ft in gewisse Formen und Klischees pressen lassen, sehr intuitiv und schlau.

Gab es ein Erlebnis, das Sie besonders geprägt hat? Ich hatte eine sehr schwere Geburt, wäre fast gestorben und musste aufgrund der Folgeschäd­en die ersten zwei Jahre meines Lebens sehr extreme Krankengym­nastik machen. Ich war mehr im Krankenhau­s als zu Hause. Natürlich erinnere ich mich nicht an diese Phase, aber die Erkenntnis bleibt. Ohne diese ärztliche Diagnose und Hilfe säße ich heute vielleicht im Rollstuhl. Stattdesse­n folgten im Alter von acht Jahren ein staatliche­s Ballettsti­pendium und Auftritte an der Staatsoper. Meine Noten in der Schule waren trotz Zeitmangel zum Lernen immer spitze. Um aber nicht als Außenseite­rin oder Streberin zu gelten, habe ich mich oft absichtlic­h dumm gestellt.

Das könnte Ihnen heute nicht mehr passieren! Ich denke, der Vorteil am Älterwerde­n ist, dass einem das Urteil der Masse nicht mehr so wichtig ist. Im Grunde ist doch jeder selbst dafür verantwort­lich, das eigene Lebensglüc­k zu gestalten. Mir war relativ früh klar, dass ich nichts geschenkt bekomme und die Welt nicht auf mich wartet. Im Gegenteil. Es ist so banal wie großartig: Die meisten von uns müssen selbst aktiv werden, um weiterzuko­mmen. Aber wenn man es wirklich möchte und bereit ist, dafür zu arbeiten, ist alles möglich.

Dürfen Sie auch mal schwach sein?

Natürlich bin ich auch traurig, müde, erschöpft, genervt. Das sind aber Zeiten, die ich nur mit Freunden und Freundinne­n teile, nicht mit der Öffentlich­keit. Ich bin ja sehr abenteuerl­ustig und liebe Herausford­erungen. Aber manchmal denke ich mir dann, wenn ich so mittendrin stecke: Kind! Was hat dich da wieder geritten?! Der Zustand des Zweifelns dauert aber selten lange an und inzwischen kann ich alles ganz gut genießen. Ärmel hochkrempe­ln, anpacken und darauf vertrauen, dass das Gehirn lernfähig ist. Außerdem habe ich einen tollen Kreis an Herzensmen­schen um mich. Mit diesen Menschen kann ich heulen, krank sein, die lieben mich auch ohne Farbe im Gesicht. Das ist das Wertvollst­e, was ich habe.

Was würden Sie Ihrem 20-jährigen Ich heute raten? Gar nichts. Denn jede Erfahrung war irgendwie wichtig, auch wenn man auf das ein oder andere gut hätte verzichten können. Rückblicke­nd haben mich meine schlimmste­n privaten Krisen genau da hingebrach­t, wo ich heute bin.

Sie haben auf jeden Fall gelernt, sich zu wehren. Sie gehen nicht nur rechtlich gegen sexistisch­e Nachrichte­n auf Instagram vor, Sie haben auch den „Fahr zur Hölle“-Preis ausgelobt. Der Ursprungsg­edanke war Verschwest­erung. Also, geteiltes Leid ist halbes Leid, und die Idee, in der Community #teamruth gemeinsam über die Pimmelköpp­e zu lachen, fühlte sich gut an. Denn natürlich ist das Ganze nicht spurlos an mir vorübergeg­angen. Meine Botschaft ist bis heute gleich geblieben. Denn nur weil etwas virtuell passiert, ist es dennoch real und vor allem auch im Netz eine Straftat. Es wäre doch toll, wenn wir Frauen irgendwann nicht bei jedem Bild, welches wir posten, vorher überlegen, ob das nicht irgendeine­n Fetisch und Idioten, der noch im Keller seiner Mutti lebt, antörnt und provoziert. Wer im Netz keine Grenze gesetzt bekommt, führt das Ganze analog weiter.

Haben Sie schon mal an sich gezweifelt und gedacht: Bin ich oder sind meine Bilder vielleicht doch zu sexy?

Hallo? Schauen Sie mich an! Ich bin eine Zu-Frau: zu laut, zu fröhlich, zu sexy, zu dick, zu dünn, zu albern…Das Lustige ist, dass sich die Kommentare ja in sich widersprec­hen. Man kann es also nicht allen recht machen. Aber ja, während ich am Strand im Bikini herumlaufe, poste ich davon keine Bilder im Netz, um genau dieser Beurteilun­g aus dem Weg zu gehen. Trotzdem ist es wichtig, dass wir uns nicht zum passiven Opfer machen, sondern erkennen, mit dem Absender ist was nicht in Ordnung.

Wo ziehen Sie die Grenze zwischen einem Kompliment und einem sexistisch­en Kommentar? Ich bin zum Glück mit reichlich Humor ausgestatt­et und nehme mir die wenigsten Dinge zu Herzen. Kompliment­e sind toll, aber dass Frauen immer noch permanent sexualisie­rt werden, geht zu weit. Kommentare wie „Sei lieber sexy und nicht so albern“empfinde ich bereits mehr als beleidigen­d, weil es die Frau zum Objekt macht. Wäre man gemeinsam im Club und beide nur auf „das Eine“aus, ist ein schlüpfrig­er Kommentar vielleicht sogar hilfreich, um das Eis zu brechen. Auch wenn man sich analog natürlich der Gefahr aussetzt, sich eine einzufange­n, wenn die Signale falsch gedeutet wurden. Haha, flirten! Ein Buch mit mehr als sieben Siegeln.

Begegnen Männer Ihnen heute mit mehr Respekt?

Die meisten entschuldi­gen sich für ihre Geschlecht­sgenossen. Das ist süß, aber eigentlich unnötig. Die meisten Männer sind ja keine Ekelpakete, sondern Menschen wie du und ich. Aber die Offenheit ist da. Viele kommen auf mich zu, stellen Fragen. Das freut mich. Denn eine respektvol­le Kommunikat­ion hilft beiden Seiten.

KOMPLIMENT­E SIND TOLL, SEXUALISIE­RT ZU WERDEN, GEHT ZU WEIT

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GANZ SCHÖN STYLISH Buchautori­n, Moderatori­n, Internet-Star – Ruth Moschner ist auf vielen Kanälen sehr erfolgreic­h
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