„Es ist UNFASSBAR SCHWER, allein zurückzubleiben“
mit dir persönlich sprechen. Du musst sofort nach Hause kommen.“Ich ahnte da, dass meinem Mann etwas passiert sein musste. Aber nicht, dass er tot ist. Als mir die Beamten den Unfall schilderten, brach ich zusammen. Chiara rief unseren Hausarzt. Ab dem Moment weinte ich nur noch, konnte nicht essen, nicht sprechen. Drei Monate war ich nicht in der Lage, mit irgendjemandem zu reden. Wir waren 44 Jahre verheiratet. Natürlich mit Aufs und Abs, wie in jeder Ehe. Aber jedes Jahr mit meinem Mann war ein Geschenk. Ich hätte Mario immer wieder sofort geheiratet. Darum fällt es mir jetzt so schwer, allein zurückzubleiben.
Was an ihm haben Sie besonders geliebt? Er steckte voller Überraschungen. War unglaublich dynamisch, charismatisch, elegant. Ein starke Persönlichkeit. Furchtlos, großzügig, liebevoll und fürsorglich für die Familie. Wenn wir ihn gebraucht haben, war er da. Obwohl er ein Workaholic war, stand die Familie für ihn an erster Stelle. Wir haben täglich vier, fünfmal telefoniert, wenn er unterwegs oder ich für meine Stiftung in den Slums in Afrika oder Indien war. Die Anrufe am Abend fehlen mir besonders, vor allem das „Gute Nacht“. Klingelt abends das Telefon, denke ich heute noch: „Das ist jetzt mein Schatzi.“
Wann ist Ihr Schmerz übermächtig? Mario fehlt mir und den Kindern in jeder Sekunde. Wir haben seinen Tod noch gar nicht wirklich realisiert. Chiara, die ihrem Vater besonders nah stand, wohnt neben uns. Fast täglich glaubt sie zu hören, wie sich das Tor öffnet und sein Auto in die Einfahrt fährt.
Wissen Sie, wie es zu dem Unfall kam? Hatte Ihr Mann einen Herzinfarkt? Nein. Mein Mann wurde obduziert, es gab keinerlei organische Ursachen. Der Unfall ist uns und der Polizei unerklärlich. Es war ein sonniger Tag, vielleicht war er geblendet. Es war wohl eine Verstrickung unglücklicher Umstände.
Durften Sie zur Unfallstelle? Nein. Aber ich durfte meinen Mann zu einem späteren Zeitpunkt sehen und mich von ihm verabschieden. Ich musste unbedingt zu ihm. Ich wusste nicht, was mich erwarten würde, war auf alles vorbereitet. Aber er sah wunderschön aus, ohne Verletzungen im Gesicht.
Haben Sie und Ihr Mann darüber gesprochen, was sein würde, wenn einer von Ihnen krank wäre oder sterben würde? Über Krankheit sprachen wir viel, obwohl mein Mann kerngesund war. Das Thema Tod klammerten wir aus. Ich wollte das nicht. Ich habe eine unglaubliche Angst vor dem Tod. Nun ist es unfassbar schwer, allein zurückzubleiben. Furchtbar. Auch wenn ich weiß, dass es vielen Menschen so geht wie mir jetzt.
Träumen Sie von Ihrem Mann? Ja. Es sind eigentlich sehr schöne Träume. Er ist mir nah, die Bilder in meinem Kopf machen mich glücklich. Ich weiß auch noch genau, wie die letzten Worte waren, die ich Mario am 31. Oktober mit auf den Weg gab: „Schatzi, denk daran, wir essen um 20 Uhr, und sei bitte pünktlich.“Das musste ich stets betonen, er war einfach immer zu spät.
Am 12. November fand die Beerdigung statt. Es war ein sehr würdevoller Rahmen. Meinem Mann hätte es gefallen, trotz der CoronaAuflagen. Die gesamte Familie war da und 70 enge Freunde und Vertraute. Wir spielten seine Lieblingsarien „Ave Maria“und „Nessun Dorma“. Der nordrheinwestfälische Ministerpräsident Armin Laschet hielt eine sehr persönliche Rede über ihn. Als wir die Kirche verließen, sangen zwei Opernsänger das Lied „My Way“. Es berührte alle zutiefst. So war mein Mann: He did it his way. Er wird auch einen ganz besonderen Grabstein bekommen. Er liebte Antiquitäten über alles. Die Kinder und ich haben ein Grabmal entworfen, es ist in vier Monaten fertig.
Mit Ihrer Stiftung kümmern Sie sich um die Ärmsten. Wer kümmert sich jetzt um Sie? Meine vier Kinder. Michael kam mit seiner Familie für drei Monate aus Los Angeles, meine Töchter wohnen direkt neben mir, Claudia kümmert sich um die Stiftung, Markus hält Kontakt mit mir. Chiara ist voller Liebe und Fürsorge und sagt: „Mum, vorher hat Dad auf dich aufgepasst, jetzt tue ich es.“