Musik im GLAS
ANDREAS & ALEXANDER LAIBLE Die Winzer-Brüder keltern Riesling und Co. wie kaum Zweite in Deutschland. Im Fass dürfen die Weine sogar den Balladen von Sängerin Adele lauschen – das macht sie noch klarer im Geschmack
Die Brüder Laible sind in der 13. Generation Winzer und gewinnen mit ihren Weinen aus dem Badischen einen Preis nach dem anderen. Dass beide in das Wein-Geschäft einsteigen würden, war nicht immer klar. Als älterer Bruder übernahm Andreas Laible, 45, 2013 das Familiengut in Durbach. Auch Alexander Laible, 42, hat als jüngerer Bruder ins Winzergeschäft gefunden – allerdings war sein Weg dorthin „steinig“, wie er sagt.
Was macht für Sie wirklich guten Wein aus? Andreas Laible: Der beste Wein ist der, auf den ich gerade Lust habe. So wie ich nicht jeden Tag Sushi essen kann, ändert sich auch mein Weingeschmack täglich. Wein sollte immer ein Genuss sein, das ist für mich entscheidend. Man sollte eine Fla-
sche Wein zelebrieren, nicht einfach nur trinken.
Welcher Wein hebt Ihre Stimmung? Andreas: Keiner. Wenn ich schlecht drauf bin, trinke ich ein Bier. Da muss ich nicht nachdenken, was ich trinke.
Und für Sie, Alexander: Was muss ein Wein mitbringen? Alexander Laible: Wirklich perfekter Wein schafft den Spagat zwischen Großem Gewächs und Kabinett: Er muss Schultern haben, eine tolle Frucht, Mineralität aufweisen, aber dabei nie zu schwer sein. Er gibt einen Kick, gleichzeitig Geborgenheit. Nach jedem Schluck habe ich Lust auf ein zweites Glas. Ein Wein muss einem das Gefühl geben, das man hat, wenn man morgens barfuß über den Rasen läuft. Dann ist er perfekt, dann berührt er: So wie die Sängerin Adele in der Royal Albert Hall „Someone Like You“singt, so möchte ich berühren.
Ist in Ihren Weinen Musik? Andreas: Sprichwörtlich ja. Ich spiele meinen Weinen im Keller Rock-Balladen vor. Ein Jahr war es Birdie, dann Delta Goodrem oder eben Adele. Mein Schwiegervater schüttelt darüber den Kopf, aber ich glaube daran, dass der Wein es spürt, wenn man ihn mit guter Musik beschallt. Nur was aus Liebe entsteht, hat Bestand. Und ich liebe Musik. Außerdem bauen wir nach Mondphasen aus, so wie ich es von meinem Großvater gelernt habe. Die positive Energie fließt in den Wein.
Wird 2020 ein Spitzenjahrgang? Andreas: Er reiht sich von der Klasse in die Jahrgänge der letzten 15 Jahre ein. Die waren fast alle spitze. Die neuen Weine sind filigraner als 2018, von der Frucht und Mineralität sind sie ähnlich wie der Jahrgang von 2019. Alles deutet darauf hin, dass sie charakterstarke Weine werden. Den Trauben hat der lange Sommer gut getan, das macht die Weine mineralischer. Alexander: Wir merken die Klimaerwärmung, die sich für uns positiv auswirkt: Früher mussten wir länger warten, bis die Trauben reif waren. Wer heute in Deutschland Wein macht, findet Spitzen-Voraussetzungen. Trotzdem ist mir wichtig, etwas für den Klimaschutz zu tun und gegen die Erderwärmung anzugehen. Deshalb bauen wir absolut nachhaltig an und bauen mit unseren Rebflächen mehr CO2 ab, als wir generieren.
Muss guter Wein teuer sein? Andreas: Nicht unbedingt. Oft hat die Nachfrage mehr Einfluss auf den Preis als die Qualität. Sie zahlen den guten Namen. Ein Wein muss keine 100 Euro kosten, um etwas Besonderes zu sein. Ich würde keinen Wein kaufen, der teurer als 40 Euro ist.
Sie sind gemeinsam auf dem elterlichen Weingut groß geworden. Gab es Diskussionen, wer den Betrieb übernimmt? Andreas: Nein, Alexander hat für sich die Entscheidung getroffen, neu anzufangen. Unser Gut war damals zu klein, um seine Familie und meine zu ernähren. Wir sind keine direkten Konkurrenten und ich trinke gerne die Weine meines Bruders.
Worin unterscheiden sich Ihre Stile? Alexander: Ich sage immer: Andreas macht das helle Flötenspiel, ich die Symphonie. Das ist den unterschiedlichen Böden geschuldet. Mein Bruder pflanzt auf Granit, der Wein wird hell und klar. Meine Böden sind tiefgründiger mit Löss, Muschelkalk und Kalkmergel und speichern mehr Wasser. Die Weine werden gelber, fülliger, würziger als Tropfen, die von steinigen Böden kommen.
Hatten Sie je einen anderen Berufswunsch als Winzer? Andreas: Es war immer eine Bestimmung. Mein ganzes Herzblut steckt in meinem Beruf und so ist es eigentlich kein Job, sondern mein Leben. Alexander: Mit acht Jahren wollte ich mal Pilot werden, aber seitdem ich zwölf bin, ist mir klar, dass ich im Herzen Winzer bin. Es war ein steiniger Weg für mich: Es gibt bei uns nur einen Gutsnachfolger, meinen Bruder. Ich hatte damit abgeschlossen, je selbstständig zu sein, habe Pakete ausgetragen, in der Disco Gläser gespült… Schließlich konnte ich 1,5 Kilometer von dem elterlichen Gut von einem Großcousin und einer Schulfreundin Weinberge pachten – es war eher Zufall. Heute bin ich sehr froh, meiner Familie und meinen alten Freunden, die mir den Rücken stärken, wieder so nahe zu sein.
ANDREAS’ WEINE SIND DAS FLÖTENSPIEL, ALEXANDERS EINE SYMPHONIE