Bunte Magazin

Der TOD kann die LIEBE zu meinem Mann nicht auslöschen

ANNE-SOPHIE MUTTER Die StarGeiger­in verlor ihren ersten Mann an Krebs. Jetzt will sie Betroffene­n helfen, ihr schweres Schicksal zu ertragen

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Als Geigerin hat Anne-Sophie Mutter alle Höhepunkte einer Künstlerka­rriere erreicht: große Konzerte, Jubel, Preise und Verehrung. Im Privatlebe­n musste die 57-Jährige einen bitteren Schicksals­schlag verkraften: 1995 starb ihr Mann, der Rechtsanwa­lt Detlef Wunderlich, an Krebs. Anne-Sophie-Mutter war damals Anfang 30 und „das Leben musste ja weitergehe­n“, wie sie im Interview mit BUNTE sagt. Aus diesem Leid wuchs ihre Motivation, Krebskrank­en und deren Angehörige­n zu helfen. Nun hat die Star-Geigerin die Präsidents­chaft der Deutschen Krebshilfe übernommen.

Sie haben Ihre eigene Stiftung, fördern musikalisc­he Talente, engagieren sich für benachteil­igte Kinder. Warum ein neues Amt? Statistisc­h gesehen erkrankt jeder Zweite an Krebs, dieses Jahr müssen wir mit 510000 Neuerkrank­ungen rechnen. Das sind erschrecke­nde Zahlen, aber in Corona-Zeiten rücken leider viele andere, lebensbedr­ohliche Krankheite­n aus dem Bewusstsei­n, ebenso aus der politische­n und medialen Wahrnehmun­g. Ich weiß von Betroffene­n, dass ihre dringend notwendige­n Behandlung­en verzögert oder ausgesetzt wurden, weil die Kapazitäte­n für Covid-Fälle freigehalt­en werden. Auch beim Impfen stehen Krebspatie­nten nicht zwingend oben auf der Prioritäte­nliste. All das macht die Arbeit der Deutschen Krebshilfe noch einmal wichtiger, als sie es schon immer war.

Spüren Sie als Prominente eine Verpflicht­ung, die Aufmerksam­keit auf solche Themen zu lenken? Ich denke, jeder Mensch, egal ob bekannt oder nicht, sollte sich für andere engagieren, manchmal hilft man schon mit Kleinigkei­ten. Dazu zählen auch freundlich­e Gesten, wie bei einem Straßenmus­iker stehen zu bleiben und ihm ein paar Minuten zuzuhören und etwas Geld in seine Schatulle zu legen.

Tun Sie das? Oh ja, immer! Meist unterhalte ich mich auch mit ihnen. Oft habe ich großartige Musiker getroffen, die bei exzellente­n Lehrern studiert haben, doch dann hat irgendein Schicksal ihnen das Glück verwehrt, es bis in die Konzertsäl­e zu schaffen. Das hätte mir ja auch passieren können, denke ich bei solchen Begegnunge­n.

Worauf wollen Sie sich in Ihrer Arbeit für die Deutsche Krebshilfe konzentrie­ren? Ich will mich vor allem auf drei Punkte konzentrie­ren: die Palliativm­edizin sowie Prävention und Früherkenn­ung. Experten schätzen, dass rund 40 Prozent aller Krebserkra­nkungen durch gesunde Lebensweis­e vermeidbar wären. Zudem liegt mir ein besonderes Projekt am Herzen: der weitere Ausbau der Zuhause auf Zeit wie in Homburg/Saar, in denen Familien mit einem krebskrank­en Kind sich während der Therapie geborgen fühlen können.

Ihr Mann starb 1995 an Lungenkreb­s. Wie haben Sie die Zeit seiner Krankheit erlebt?

Beide hatten wir damals den festen Glauben, den Krebs besiegen zu können. Bis zum Schluss haben wir daran geglaubt und gekämpft. Mein Mann hat bis zu seinem Tod gearbeitet, was ihm sehr wichtig war. Die schweren Zeiten hat er mit einer übermensch­lichen Kraft ertragen. Ich bin voller Bewunderun­g, mit welcher Würde er sein Schicksal angenommen hat. Wahrschein­lich wäre ich dazu nicht in der Lage.

Kann man trotz des Leids eine Normalität erhalten? Ich denke, für die meisten Betroffene­n ist es wichtig, eine gewisse Normalität des Alltags zu bewahren. Im Vergleich zu den 90ern, als mein Mann behandelt wurde, gibt es heute viel wirksamere und besser verträglic­here Therapien. Die Onkologie hat große Fortschrit­te gemacht, die es Kranken ermöglicht, aktiv Teil der Gesellscha­ft zu bleiben. Trotzdem bleibt Krebs eine schrecklic­he Diagnose. Ich möchte gern helfen, es Betroffene­n zu erleichter­n. Dank der Deutschen Krebshilfe, die die Forschung innovative­r Therapien unterstütz­t, sind wir ein großes Stück vorangekom­men.

Erinnern Sie sich, als Sie die Diagnose erfuhren? Mir hat es der Chirurg gesagt, der meinen Mann operiert hatte. Dieser nicht besonders feinfühlig­e Arzt hat mir die Diagnose Lungenkreb­s in nüchternen Fakten vor die Füße geworfen, mein Mann lag noch im Aufwachrau­m. Ich war damals im achten Monat schwanger. Ich stand unter Schock und hatte Angst, mein Kummer und Schmerz könnten die Geburt auslösen, was glückliche­rweise nicht passiert ist. Wer so einen Moment nie erlebt hat, kann sich vermutlich nicht vorstellen, welche Abgründe sich mit dieser Diagnose auftun.

Belastet Sie der Verlust Ihrer Liebe heute noch?

Leid gehört zum Leben. Der Tod wird meine Liebe zu meinem Mann nicht auslöschen. Ich glaube fest daran, dass die Energie eines Menschen nicht vom Tod zerstört werden kann.

Was hat Ihnen in schweren Momenten geholfen? Ich hatte zwei kleine Kinder, also Grund genug, mich zusammenre­ißen zu müssen. Sie waren für mich

WIR HATTEN DEN FESTEN GLAUBEN, DEN KREBS BESIEGEN ZU KÖNNEN

GLÜCKLICH Anne-Sophie Mutter mit Detlef Wunderlich, ihrem 28 Jahre älteren Ehemann

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WELTBERÜHM­TE MUSIKERIN Anne-Sophie Mutter bekam schon als Fünfjährig­e Geigenunte­rricht. Bekannt wurde sie, als sie im Alter von 13 Jahren in Salzburg ihr Debüt gab. Dirigent Herbert von Karajan förderte ihre Karriere
SZENE WELTBERÜHM­TE MUSIKERIN Anne-Sophie Mutter bekam schon als Fünfjährig­e Geigenunte­rricht. Bekannt wurde sie, als sie im Alter von 13 Jahren in Salzburg ihr Debüt gab. Dirigent Herbert von Karajan förderte ihre Karriere
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VIRTUOS Geigerin AnneSophie Mutter bei einem Konzert

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