Ich höre nie MUSIK, ich spiele lieber selbst
Trost und Glück zugleich, weil ich meinen Mann in vielen ihrer Gesten oder kleinen Angewohnheiten gesehen habe. Ich glaube, ohne meine Kinder wäre mir das Weitermachen noch schwerer gefallen. Für mich war es das Wichtigste, dass beide geborgen aufwachsen und ich das Andenken an ihren Vater wachhalten kann. Beides ist mir ganz gut gelungen, denke ich. Außerdem konnte ich auf die Unterstützung von Freunden und Kinderfrauen vertrauen, wenn ich beruflich unterwegs war. Das Leben musste ja weitergehen, ich musste Geld verdienen.
Tröstet Sie die Musik? Ich höre eigentlich nie Musik, indem ich das Radio anschalte oder eine CD einlege. Ich spiele sie lieber selbst, besonders gemeinsam mit anderen Musikern. Das ist wie ein Dialog, ein lebendiger Austausch. So etwas hilft mir in schweren Zeiten wie auch jetzt in der Corona-Krise, die wir gerade alle erleben.
Wie haben Sie Ihren Kindern – damals erst ein und drei Jahre alt – den Verlust ihres Vaters erklärt? Das ist eine sehr private Frage, aber ich werde sie beantworten, weil ich damit vielleicht anderen Müttern in einer ähnlichen Situation helfen kann. Ich habe mit meinen Kindern viel über Metamorphose gesprochen, natürlich ohne dieses komplizierte Wort zu benutzen. Ich habe ihnen von der Raupe erzählt, die ihren Körper verlässt, um ein schöner Schmetterling zu werden. Für meine Kinder hatte ihr Papa seinen kranken Raupenkörper verlassen und sich in einen wunderschönen Schmetterling verwandelt.
Sie betonen, wie wichtig die Krebsvorsorge ist. Nehmen Sie diese Termine selbst regelmäßig wahr? Ich habe zwar Todesangst vorm Arzt, obwohl ich viele Mediziner als Freunde habe, aber Vorsorgetermine stehen fest in meinem Kalender. Ich verschiebe sie wirklich nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Krebsvorsorge ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Außerdem steigt im Alter zwischen 50 und 60 das Risiko zu erkranken, das sollte man nicht herausfordern. Natürlich wissen wir alle, dass das Leben endlich ist, dass wir uns mit Abschied und Tod auseinandersetzen müssen. Mit achtsamer Lebensführung und einer hoffentlich oft erfüllten Seele kann jeder einzelne Mensch seine Lebensqualität positiv beeinflussen. Dies möchte ich gern stärker ins Bewusstsein rücken.
Als Sie 16 waren, bekamen Sie eine Stradivari zur Verfügung gestellt. Haben Sie großes Glück empfunden, als Sie dieses wertvolle Instrument kaufen konnten?
Ich hatte damals ein Darlehen aufgenommen, um die Geige finanzieren zu können. In der Zeit, in der ich das Geld für Zinsen und Tilgung einspielen musste, verfolgten mich Ängste und Albträume. Ich hatte Sorgen, ich könnte das nicht schaffen. An die letzte Ratenzahlung erinnere ich mich nicht, aber ganz genau an den Moment, als diese Geige mir begegnete. Ich fühlte sofort, dass sie mir gehören musste. Ein Instrument zu finden, das einen Quantensprung für die eigene Entwicklung bedeutet – das wünsche ich jedem Musiker.
Was bedeutet es für Sie, seit mehr als 30 Jahren mit dieser berühmten „Lord Dunn-Raven“verbunden zu sein? Eine große Verantwortung! Ich bin mir bewusst, dass diese Stradivari wieder einen passenden Musiker finden muss, wenn ich einmal nicht mehr konzertiere – oder eben nach meinem Tod.
Werden Sie den oder die Glückliche selbst aussuchen? Oh, das kann ich mir nicht vorstellen. Dafür bin ich mit meiner Geige zu eng verbunden. Noch ist sie so sehr und ausschließlich meine, dass ich gar nicht daran denken will, wir könnten einst getrennt werden.
FÜR MEINE KINDER HATTE SICH IHR PAPA IN EINEN WUNDERSCHÖNEN SCHMETTERLING VERWANDELT