Herzschwäche mit Fragezeichen
Herzschwäche vaenrbirgt sich manchmal die Seltene Erkrankung Transthyretin-Amyloidose. Eine frühe Therapie ist wichtig, aber die Einordnung der Symptome kostet Zeit.
E r ist Ende sechzig und seit ein paar Jahren in Rente. Eigentlich Zeit, um das Leben zu genießen – wären da nicht die Probleme mit dem Herzen, die einfach nicht in den Griff zu bekommen sind. Dabei haben sein Arzt und er schon alles versucht: Betablocker, ACE-Hemmer, moderate Bewegung und gesundes Essen. Doch anstelle einer Besserung verschlechtert sich sein Zustand: Das Herz schwächelt und der Atem geht dem älteren Herrn dadurch immer schneller aus. Schon kleinere Tätigkeiten erschöpfen, Wasser sammelt sich in den Beinen.
Therapieversagen: Beginn der Spurensuche
Der Rentner begibt sich mit seinem Hausarzt und einer Fachärztin für Innere Medizin auf Spurensuche. In einem ausführlichen Gespräch mit der Fachärztin geht es um die Herzschwäche, aber auch um die Diagnosen und Beschwerden der vergangenen Jahre: Da war zum Beispiel das Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Handflächen und in den Fingern, das er nachts oft spürte. Die Ärzte stellten ein beidseitiges Karpaltunnelsyndrom fest. In einem bildgebenden Verfahren wurde dann eine Verdickung der Herzwand festgestellt. Die Ärztin vermutete als Ursache einen Bluthochdruck. Unerklärlich blieb, weshalb sich die Symptome trotz Therapie verschlechterten. Die Auswurffraktion, ein Maß für die Pumpkraft des Herzens, war mittlerweile auf 45 Prozent gesunken. Seine Ärztin macht erneut ein EKG, entnimmt Blut und sieht sich das Herz im Ultraschall an. Die Herzwand ist jetzt doppelt so dick wie normal. Mit Blick auf die gesamte Krankengeschichte zieht sie eine Seltene Erkrankung des Herzens in Betracht: die Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie, kurz ATTR-CM genannt. Herzwand. Der Herzmuskel wird steifer und das Herz verliert an Pumpvolumen, es kommt zu den beschriebenen Symptomen einer Herzinsuffizienz. Diese Form der Erkrankung tritt vor allem bei Menschen über 60 Jahren auf. Sind überwiegend die Nerven betroffen, sprechen Mediziner von einer Transthyretin-Amyloidose mit Polyneuropathie, kurz ATTR-PN. Sie ist seltener und erblich bedingt. Manchmal kommt es auch zu einer Mischform, bei der sowohl Symptome an den Nerven als auch am Herzen auftreten.
Wichtig: Frühe Therapie
Um ihren Verdacht zu bestätigen, führt die Ärztin verschiedene Untersuchungen durch wie Bluttests und den Nachweis von Amyloidfibrillen durch ein bildgebendes Verfahren mit Kontrastmittel (Szintigraphie). Ein Gentest schließt die erbliche Variante aus. Sie leitet umgehend die entsprechende Therapie ein. Die bereits vorhandenen Schäden sind nicht mehr rückgängig zu machen, das Fortschreiten der Erkrankung wird aber durch Medikamente verlangsamt. Daher ist eine frühzeitige Diagnose für die Betroffenen wichtig.
Hindernis: Vielfalt der Symptome
Die Anzeichen für eine Transthyretin-Amyloidose sind vielfältig und unspezifisch. Warnzeichen für eine ATTR-CM kann beispielsweise neben den Symptomen einer Herzschwäche auch ein Karpaltunnelsyndrom oder eine Verengung des Wirbelkanals im Rücken sein. Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Füßen sind zum Beispiel typische Anzeichen, wenn Eiweißablagerungen die Nerven schädigen. Sie treten aber auch bei weitverbreiteten Erkrankungen wie einer Polyneuropathie infolge eines Diabetes auf. Für die Ärzte gleicht daher die Diagnose der Seltenen Erkrankung akribischer Detektivarbeit.
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zu Transthyretin-Amyloidose finden Sie unter www.leben-mit-amyloidose.de. Sehenswert: der kurze Clip „Herzschwäche und es wird einfach nicht besser“.
Bei der ATTR-CM lagern sich bestimmte Eiweiße zwischen den Herzmuskelzellen ab. Herzwand und Herzklappen sind verdickt, das Pumpvolumen lässt nach.