Bunte Magazin

Alain Delon: Der französisc­he Filmstar blickt auf sein Leben zurück

ALAIN DELON Er sah unverschäm­t gut aus, war charmanter Herzensbre­cher und „eiskalter Engel“zugleich. Die französisc­he Ikone über Frauen, Liebe und das Leben nach dem Tod

- Cyril Viguier für „Paris Match“

Die Wiedergebu­rt des Alain Delon“, jubeln die Franzosen und sind völlig aus dem Häuschen. Immerhin war ihr Nationalhe­ld zwei Jahre wie vom Erdboden verschluck­t. Nur wenige Tage nach seinem Auftritt in Cannes 2019 hatte Delon, 85, einen schweren Schlaganfa­ll erlitten und sich später auf sein Landgut Douchy bei Paris zurückgezo­gen. Nur in Gesellscha­ft seiner weißen Schäferhun­de. Schnell blühten die Gerüchte von Depression­en über Einsamkeit bis hin zur Bettlägrig­keit. Mit einem offenen Interview im französisc­hen Magazin „Paris Match“beweist der berühmte Schauspiel­er und noch berüchtigt­ere Frauenschw­arm jetzt, dass nach wie vor mit ihm zu rechnen ist.

Vor zwei Jahren in der Nacht zum 11. Juni erlitten Sie einen Schlaganfa­ll. Sie schwebten zwischen Leben und Tod. Welche Erinnerung­en haben Sie daran? Es geschah um 19.20 Uhr. Ich fühlte mich schlecht und ein Notarztwag­en brachte mich ins Krankenhau­s. Ich wusste nicht, warum ich dort war. Ich spürte keinen Schmerz.

Ihre Ärzte dachten, Sie würden sterben. So leicht sterbe ich nicht!

Wie haben Sie das überlebt? War es Ihr eiserner Wille? Das müssen Sie den Herrgott fragen. Ich habe mich im Leben schon vielen Schweinere­ien gestellt, aber so etwas hatte ich noch nie durchgemac­ht. Vielleicht verdanke ich es wirklich meiner inneren Stärke, dass ich noch da bin. Voilà! Auf sie vertraue ich schon mein ganzes Leben. Und immerhin bin ich 85. Meine japanische Begleiteri­n Hiromi war während der ganzen Rekonvales­zenz an meiner Seite.

Fühlen Sie sich immer noch jung? In meinem Herzen und in meinem Leben, ja! Ich will auch wieder Filme machen. Besonders einen letzten Film, der für immer in Erinnerung bleiben soll. Danach kann ich gehen. Dann bleibt nichts mehr zu tun.

Wohin gehen Sie, ins Paradies oder in die Hölle? Ich werde wohl irgendwo dazwischen enden. Ganz sicher! Die sind ja nicht dumm da oben.

Glauben Sie an Gott? An seine Macht? An Jesus? Ich glaube an all das – an Gott, Jesus, Maria. Ich spreche auch mit der Jungfrau Maria. Zu meinem großen Bedauern hat sie mir noch nie geantworte­t. Ich sage ihr oft: „Mensch, sprich mit mir, sag was!“Aber ich spüre sie. Genau wie meine Mutter. Sie ist schon lange tot, aber stets bei mir. Ihr verdanke ich alles, meine Karriere, mein Aussehen. Bis heute schreibe ich nur mit grüner Tinte, weil sie immer mit Grün geschriebe­n hat.

Sie haben immer gesagt: „Ich verdanke den Frauen meine Karriere, ich verdanke ihnen alles…“Was machen wir ohne Frauen? Man soll die Frauen endlich in Ruhe lassen! Sie haben dieselben Rechte wie wir Männer.

Sie waren immer ein Frauenheld. Was ist es für ein Gefühl, begehrt zu werden? Natürlich schmeichel­t es einem, begehrt zu werden. Aber wenn eine unattrakti­ve Dame dabei war, war es auch schwer zu sagen: „Hör mal, sei so nett, vergiss mich!“

Wurden Sie je von Frauen enttäuscht? Natürlich, man ist körperlich von einer Frau fasziniert und dann merkt man, dass sie in anderen Bereichen eine Niete ist.

Darf man in der Liebe lügen? Man muss sogar in der Liebe lügen. Man muss immer lügen, wenn man liebt. Das ganze Leben.

Sexuelle Belästigun­g, Vergewalti­gung, #metoo – waren solche Vorwürfe jemals Thema für Sie? Ich wurde belästigt und ich habe belästigt. Das war damals normal. So war das Leben, nicht anders.

1970 wurden Sie mit einer schwarzen und einer weißen Frau im Arm fotografie­rt… Na, so was! Eine Schwarze und eine Weiße! Ich habe das Recht, eine schwarze und eine weiße Frau zu lieben. Sogar beide gleichzeit­ig. Die Hautfarbe spielt doch keine Rolle!

Schauen Sie den Frauen heute noch nach? Aber sicher, ich habe immer noch ein Auge für die Frauen. Das Leben ist einfach zu kurz. Ich hatte fünf Frauen. Sie sind alle tot. Nur ich bin übrig geblieben. Das tut weh. Aber ich bin noch lange nicht am Ende.

Romy Schneider, Mireille Darc, Nathalie Barthélémy … Den

ICH WURDE BELÄSTIGT UND ICH HABE BELÄSTIGT. DAS WAR DAMALS GANZ NORMAL

ken Sie noch oft an die Frauen Ihres Lebens? Immer! Ich weiß, dass sie da oben auf mich warten. Wir treffen uns wieder.

Schauen Sie manchmal alte Filme mit Romy? Sie meinen, Romy in meinen Armen und wir beide glücklich? Nein, das könnte ich nicht ertragen.

Gibt es eigentlich eine Frau in Ihrem Leben, die wir noch nicht kennen? Natürlich! Es gab Romy, Mireille, Nathalie und noch ein paar andere. Aber wenn es Dinge gibt, die ich geheim halten will, werde ich kaum so verrückt sein, sie vor meinem Tod zu verraten. Ich würde sie höchstens meinen Kindern anvertraue­n.

Was wünschen Sie sich für Ihre Kinder? Ich will, dass meine Kinder Anthony, Anouchka und Alain-Fabien glücklich sind.

Ihr ältester Sohn Anthony hat seiner Mutter geholfen zu sterben. Er war bis zum letzten Atemzug bei ihr. Wussten Sie das? Ja, ich wusste, dass Nathalie nicht mehr leben wollte. Sie hatte es so beschlosse­n und ich habe ihr gesagt, dass sie recht hat. Man darf nicht vergessen, sie war die einzige Frau, die sich Delon nennen durfte. Die einzige Frau, die ich geheiratet habe. Für mich gab und gibt es keine zweite. Nur sie allein.

Was hat sie gesagt, als Sie sich zum letzten Mal sahen? Wir sprachen kein einziges Wort. Wir saßen uns gegenüber. Ich sah sie an. Ich sah sie sterben.

Wie möchten Sie diese Welt einmal verlassen? Ich springe auf jeden Fall lieber aus

dem Fenster, als an Herzversag­en zu sterben.

Haben Sie schon mal an Selbstmord gedacht? Heute denke ich darüber nach. Ich würde eine Welt verlassen, die mir einst sehr gefiel, jetzt aber nicht mehr. Ich werde sie ohne Reue verlassen. Alle Menschen sterben an Trauer.

Wie wollen Sie beerdigt werden? Katholisch, aber sehr diskret. Ich will keine große Beerdigung. Das interessie­rt mich nicht.

Früher wollten Sie immer mit Ihren Hunden auf Ihrem Landgut begraben werden. Jetzt wolllen Sie im Grab Ihrer Eltern in Arcueil beigesetzt werden.

Ehrlich gesagt, weiß ich es noch nicht. Ich liebe meine Hunde. Sie sind mein Leben. Hier auf meinem Grund in Douchy sind 35 Hunde beerdigt. Ich habe eine Kapelle für sie bauen lassen und ich träume immer noch davon, neben ihnen beerdigt zu werden. Ich will auch nicht, dass mich einer der Hunde überlebt. Es wäre zu schmerzlic­h für sie.

Haben Sie eine Vorstellun­g davon, wie Ihr Leben nach dem Tod aussehen könnte? Keine Ahnung! Es verrät einem ja niemand, wie es dort oben zugeht. Ich wünschte, jemand würde mir versichern: „Du, da oben ist es formidabel! Da gibt es das und das und das…!“

Gibt es einen Traum, den Sie sich noch erfüllen wollen? Vielleicht ins All fliegen und schon mal nachgucken, wie es da oben aussieht? Jeff Bezos und Elon Musk können gerne ohne mich ins All fliegen. Noch gibt es hier auf der Erde so viel zu tun. Was soll ich da verdammt noch mal im All?

ICH SPRINGE LIEBER AUS DEM FENSTER, ALS AN HERZVERSAG­EN ZU STERBEN

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HUNDE-FAN Seit Jahren lebt Alain Delon mit seinen weißen Schäferhun­den allein auf dem Landgut Douchy bei Paris
SZENE HUNDE-FAN Seit Jahren lebt Alain Delon mit seinen weißen Schäferhun­den allein auf dem Landgut Douchy bei Paris
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HEISSE LIEBE Romy Schneider lernte Delon beim Dreh kennen und ging mit ihm nach Paris
1958 – 1964 HEISSE LIEBE Romy Schneider lernte Delon beim Dreh kennen und ging mit ihm nach Paris
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FAMILIE 15 Jahre waren Moderatori­n Rosalie van Breemen (r.) und Delon ein Paar. Sie schenkte ihm die beiden Kin‑ der Anouchka (o.) und Alain‑Fabien (r.)
1987 – 2002 FAMILIE 15 Jahre waren Moderatori­n Rosalie van Breemen (r.) und Delon ein Paar. Sie schenkte ihm die beiden Kin‑ der Anouchka (o.) und Alain‑Fabien (r.)
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1964 – 1968 EHE
GROSSE LIEBE Mit der schö‑ nen Schauspiel­erin Nathalie Barthélémy (†) war Alain Delon vier Jahre verheirate­t. Aus die‑ ser Verbindung stammt sein äl‑ tester Sohn Anthony Delon (l.)
SZENE 1964 – 1968 EHE GROSSE LIEBE Mit der schö‑ nen Schauspiel­erin Nathalie Barthélémy (†) war Alain Delon vier Jahre verheirate­t. Aus die‑ ser Verbindung stammt sein äl‑ tester Sohn Anthony Delon (l.)
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IM ATELIER Alain Delon auf seinem Landgut
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