Mireille Mathieu:
MIREILLE MATHIEU Die Chansonsängerin feiert ihren 75. Geburtstag im Kreise ihrer Geschwister in Avignon mit viel Liebe, Champagner und jeder Menge lustiger Anekdoten
Die Sängerin wurde 75 Jahre alt. BUNTE war eingeladen zur familiären Geburtstagsfeier in Avignon
Erinnert ihr euch noch, wie Mireille schon mit zehn im Schlafzimmer unserer Eltern vorm Spiegel gesungen hat? Ein Besenstiel als Mikrofon? Ich habe sie immer heimlich durch eine Lücke an der Tür beobachtet“, erzählt Monique, 74, die zweitälteste Schwester lachend. Ihr Bruder Roger, 67, nickt und schmunzelt: „Oder wie sie jeden Tag zu spät zur Schule kam, weil sie erst uns jüngere Geschwister im Klassenzimmer abliefern musste. Sie war ganz schön streng damals.“– „Und wie lange haben wir zu dritt in einem Bett geschlafen. Mireille, Monique und ich. Ich wollte immer in der Mitte liegen, weil es so schön warm war. Der Rest der kleinen Wohnung war im Winter ja bitterkalt“, ergänzt Christiane, 73, die Dritte im Bunde. Lachend stoßen sie mit Rosé-Champagner an. Dann wird die fünfstöckige Schokoladentorte serviert.
Es fühlt sich beinahe an wie ein ganz
normales Familienfest. Aber es ist der 75. Geburtstag von Mireille Mathieu – französische Nationalheilige, Weltstar und Älteste von 14 Geschwistern. Alle paar Minuten wird ein weiterer riesiger Blumenstrauß überreicht, Frankreichs Gazetten überschlagen sich mit Glückwünschen und ihr gerade erst eröffneter Instagram-Account explodiert. „Ich bekomme so viele liebevolle Nachrichten aus aller Welt von Fans und engen Freunden wie Florian Silbereisen, die mich tief im Herzen berühren.“Sogar der russische Präsident Vladimir Putin gratulierte höchstpersönlich. „Ich bin so stolz“, sagt Mireille Mathieu, „Putin hat mir geschrieben, dass ich ein unentbehrlicher Teil der russischfranzösischen Freundschaft sei.“Das russische Staatsfernsehen hat ein eigenes Kamerateam in die Provence geschickt, das live auf allen Kanälen berichtet. Nirgendwo füllt die Sängerin, die ihre Chansons seit 55 Jahren in elf Sprachen präsentiert, so große Hallen wie in Russland.
Zum ersten Mal, seitdem der Spatz von Avignon 1965 nach Paris gezogen ist, feiert Mireille ihren Geburtstag wieder in ihrer Heimatstadt und nicht im „Hotel Bristol“in Paris – ihrem zweiten Wohnzimmer. Die Pandemie hat Mireille Mathieu schon vergangenes Jahr zurück nach Avignon verpflanzt. „Corona hat die ganze Welt erschreckt und hält sie nach wie vor in Atem“, sagt sie und schüttelt den Kopf. „Ich vermisse so sehr, auf der Bühne zu stehen, die Begegnungen mit meinem Publikum, die Nähe, die Konzerte, der Applaus, der uns Künstlern so viel Kraft und Lebenslust gibt. Zum Glück komme ich 2023 wieder auf Tournee nach Deutschland!“Einsam ist sie trotzdem nicht. Denn seit Mai 2020 lebt Mireille umgeben von drei Schwestern und zwei Brüdern in ihrem alten Elternhaus am Stadtrand und ge
EIGENE KINDER HABEN MIR NIE GEFEHLT. ICH HABE 13 JÜNGERE GESCHWISTER MIT GROSSGEZOGEN
nießt das Landleben. „Die Rückkehr zu meinen Wurzeln erinnert mich an wunderbare Tage der Kindheit. Hier scheint die Sonne, die Luft ist voll herrlicher Düfte und die Natur strahlt in wunderschönen Farben“, schwärmt sie. Auch den Haushalt haben sich die Schwestern untereinander aufgeteilt. „Christiane macht Frühstück, Béatrice presst die frischen Säfte, ich schnipple Salate und das Gemüse fürs Mittagessen und Monique kümmert sich um die Zimmer.“Und die beiden Brüder? „Remy und Roger setzen sich an den gemachten Tisch und essen“, sagt sie lachend und Monique ergänzt: „So, wie es schon immer war!“
Eigentlich hatte die Chansonnière ein großes Fest geplant mit all ihren Geschwistern (sechs Schwestern und sieben Brüdern) und deren Familien. „Ich habe allein 28 Neffen und Nichten.“Im Augenblick sind pandemiebedingt jedoch nur Zusammenkünfte von acht Personen erlaubt. Am meisten fehlt Mireille aber ihre geliebte Maman Marcelle-Sophie Poirier, die vor fünf Jahren mit 94 gestorben ist. „Meine Maman ist in meinen Gedanken immer bei mir. Wir alle beziehen uns in jeder Phase des Lebens auf sie. Sie ist einfach unersetzlich“, sagt Mireille unter Tränen. Ihre Mutter, die sie bis zuletzt im Rollstuhl zu jedem Auftritt begleitete, und ihre elterliche Erziehung zur Liebe und zum Teilen sind auch der Grund dafür, dass diese Familie so harmonisch zusammenhält. Nie gab es Eifersüchteleien unter den Geschwistern, nie hat jemand auch nur ansatzweise versucht, Mireille Mathieus Privatleben öffentlich zu Geld zu machen. Wie es so häufig in anderen Familien von Superstars der Fall ist. Über ihr Liebesleben ist in all den Jahren nie etwas nach außen gedrungen. „Ich schätze meine Privatsphäre sehr und sie bleibt mein Geheimnis“, antwortet die zierliche Grande Dame auch heute auf die Frage nach einem Mann in ihrem Leben. „Aber keine Sorge, es gibt immer eine starke Schulter zum Anlehnen.“Béatrice, das jüngste der Mathieu-Mädchen, sagt: „Wir achten aufeinander und helfen uns, wo wir nur können. Mireille ist heute das Familienoberhaupt, aber eigentlich hat sie schon immer für alle mitgesorgt.“
Bevor sie mit 19 bei einer Talentshow entdeckt wurde, arbeitete die Sängerin in einer Papierfabrik. Später kaufte sie ihrer Familie vom Ersparten des ersten Bühnenjahres ein eigenes Haus. „Von wegen Haus“, sagt Monique, „für uns war es ein Palast! Vorher gab es nur ein Zimmer für alle Mädchen und eins für alle Jungen. Und plötzlich hatten wir zehn Räume. Das Schönste war das große Badezimmer. Mit Spiegeln, Dusche und Badewanne.“In der alten Wohnung gab es nur einen großen Bottich zum Waschen. „Bis heute checke ich in jedem Hotel zuerst das Badezimmer“, lacht Mireille Mathieu. „Wenn es eine schöne Dusche gibt, bin ich auch mit dem Rest zufrieden.“Auf die Frage, ob sie etwas bereut im Leben, antwortet sie singend mit dem berühmten Song ihres eigenen Idols Edith Piaf: „Je ne regrette rien!“Absolut nichts! Nicht einmal, keine eigenen Kinder bekommen zu haben. „Es hat mir nie gefehlt. Bei 13 Geschwistern habe ich früh gelernt, meiner Maman beizustehen und die Kleinen mit großzuziehen.“
WIR ACHTEN AUFEINANDER UND HELFEN UNS, WO IMMER WIR KÖNNEN