Bushido & Anna-Maria Ferchichi:
BUSHIDO UND ANNA-MARIA FERCHICHI Der Rapper und seine Frau machen gerade die allerschwerste Zeit ihres Lebens durch. Ein BUNTE Exklusiv-Interview
DrillingsDrama um den Rapper und seine Frau
Freude und Trauer liegen manchmal so nah beieinander, dass man als Betroffener nicht weiß, wie die Seele dieses emotionale Auf und Ab verkraften soll. „Ich bin einerseits glücklich und freue mich darauf, bald wieder Mutter zu werden“, sagt Anna-Maria Ferchichi, 39, zu BUNTE, „und gleichzeitig habe ich bereits angefangen, um eines unserer ungeborenen Drillings-Mädchen zu trauern. Die Ärzte sagen, das Herz unserer Tochter wird in den nächsten Tagen einfach aufhören zu schlagen. Und man kann nichts dagegen tun, obwohl sie gesund ist. Dieser Gedanke zerreißt mich innerlich. Mein Herz ist gebrochen.“Die zierliche Frau weint, ihr Mann, der Rapper Bushido alias Anis Ferchichi, 42, nimmt sie in den Arm. Auch ihm kommen die Tränen. Anna-Maria sagt: „Ich bin am Anfang vom sechsten Monat. Es sind jetzt schon richtige Babys, 25 Zentimeter groß. Auf dem 3-D-Ultraschall erkennt man die Gesichter. Sie liegen eng zusammengekuschelt, nuckeln so süß am Daumen.“Bushido zeigt BUNTE das Ultraschallfoto. „Natürlich hoffen wir immer noch auf ein Wunder“, sagt er. „Aber sollte die Kleine es tatsächlich nicht schaffen, werden wir sie beerdigen lassen. Sie bekommt ein Grab bei meinen Eltern auf dem muslimischen Teil eines Berliner Friedhofs und sie bekommt einen Namen. Sie ist unsere Tochter.“Anna-Maria: „Bei jedem Ultraschall erwartet uns eine neue Diagnose. Wir befinden uns seit Mai in einem Wechselbad der Gefühle, das kaum auszuhalten ist.“
Wir sitzen in der gemütlichen Wohnküche der Familie in einer weißen Altbauvilla in Berlin, am Kühlschrank hängen selbst gemalte Bilder der vier Kinder, auf einem steht in krakeligen, bunten Buchstaben: „Ich liebe dich, Mami.“Und: „Ich werde dich nicht fergesen, Papi.“Die Jungen und Mädchen sind zu Besuch bei ihrer Oma Soraya Lewe-Tacke, der Mutter von Anna-Maria und der Sängerin Sarah Connor. Im Untergeschoss hat Anna-Marias Sohn Montry, 19, sein Reich, er machte gerade Abitur. In wenigen Tagen wird der jüngste Sohn der Familie eingeschult. „Wir versuchen den Kindern zuliebe zu funktionieren“, sagt Bushido. Seine Stimme bricht, beim Erzählen wippt er die ganze Zeit mit seinem rechten Bein. „Ich bin ein Wrack, körperlich wie seelisch, habe zwölf Kilo abgenommen. Als das Drama mit den Drillingen anfing, bekam ich extreme Panikattacken. Die Ärzte diagnostizierten Depressionen und Burn-out. Ich gehe drei Tage in der Woche zu zwei Therapeuten.“
Was war der Auslöser für Ihre Panikattacken? Bushido: Sicher einerseits die Belastung der zurückliegenden Monate, in denen ich vor Gericht gegen meinen früheren Geschäftspartner Arafat Abou-Chaker ausgesagt habe. Als es im Frühjahr vorbei war, sind wir mit den Kindern nach Dubai gegangen. Der Plan war, dass Anna-Maria die Drillinge dort zur Welt bringt. Wir hatten ein Haus gemietet bis Jahresende. So weit der Plan.
Anna-Maria: Meine Frauenärztin in Dubai stellte beim Ultraschall fest, dass eines unserer eineiigen Drillings-Mädchen in der Entwicklung exakt eine Woche hinter den anderen beiden liegt. Wir machten uns deshalb keine Gedanken. Inzwischen weiß ich: Gerade am Anfang der Schwangerschaft ist es extrem wichtig, dass die Babys die genauen Messdaten erfüllen. Meine Frauenärztin fragte uns, ob wir schon mal darüber nachgedacht hätten, das Leben eines der Kinder vorzeitig im Mutterleib beenden zu wollen, um mögliche Komplikationen zu minimieren. Bushido: Bei Mehrlingen müssen sie das anbieten. Aber natürlich waren wir geschockt. Ich blickte Anna-Maria an und wir sagten beide gleichzeitig: „Auf keinen Fall. Eine Abtreibung kommt nicht infrage.“Am Tag darauf kam es tatsächlich zu schweren Komplikationen. Anna-Maria: Ich war einkaufen, bekam starke Schmerzen. Der Bauch wurde plötzlich überdimensional dick und ganz hart. Ich dachte, ich hätte mich überanstrengt. Abends hatten wir Freunde zum Essen bei uns. Ich stand vom Tisch auf… Bushido: …plötzlich kippt sie nach vorn und gibt komische Laute von sich. Auf einmal höre ich so ein Geräusch, als würde man ein nasses Handtuch auf den Boden klatschen. Anna-Maria fing an zu schreien. Ich blickte runter auf den weißen Marmorboden – und diesen Anblick werde ich mein Leben lang nie mehr vergessen: Alles war voller Blut, mittendrin ein Klumpen. Anna-Maria torkelte zum Sofa und schrie nur noch, und es hörte einfach nicht auf zu bluten. Wir hatten beide denselben Gedanken: Auf dem Boden liegen unsere Drillinge. In dem Moment bekam ich eine Panikattacke. Es waren über 40 Grad, doch meine Haut war eiskalt, mir wurde schwindlig, in den Ohren rauschte es und ich zitterte am ganzen Körper. Irgendwie schaffte ich es, meine Frau in ein Badetuch zu wickeln und mit ihr in die Klinik zu fahren. Anna-Maria: Wir waren uns sicher, dass die Drillinge tot sind. Mein Bauch war ganz flach, überall war Blut. Es hörte nicht auf.
Was sagten die Ärzte? Anna-Maria: Sie wussten nicht, woher das viele Blut kam. Im Ultraschall sah man den Herzschlag der drei Mädchen. Allerdings sagten sie uns auch, dass die Plazenta von einem nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt würde. Wir waren trotzdem erst mal erleichtert. Anis warf sich auf mich und hörte nicht mehr auf zu weinen. Am nächsten Tag hätte er einen Videodreh gehabt. Bushido: Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich ein Musikprojekt abgebrochen. Ich war innerlich komplett unruhig, zitterte, konnte nicht klar denken. Ich fuhr nach Hause und verließ die nächsten Tage nicht mehr das Haus. Ich hatte ein richtiges Trauma, eine Psychose. Die Sonne schien, doch ich lag mit zugezogenen Gardinen auf dem Bett. Ich aß nicht, trank kaum und schlief
PLÖTZLICH KIPPT SIE NACH VORN UND GIBT KOMISCHE LAUTE VON SICH. ES HÖRTE NICHT AUF ZU BLUTEN
gar nicht mehr. Es ging mir von Tag zu Tag schlechter. Anfang Juni wollte ich allein nach Berlin fliegen, um mein neues Album fertigzustellen. Der Gedanke, ohne meine Familie sein zu müssen, lähmte mich. Ich bekam Heulkrämpfe, hatte Magenschmerzen. Anna-Maria und die Kinder flogen dann mit mir zurück, obwohl sie nicht hätte fliegen dürfen. Seitdem bin ich in Therapie.
In Berlin ereilte Sie die nächste Schockdiagnose. Anna-Maria: Da es Drillinge sind, muss ich vom Feindiagnostiker betreut werden. In der 18. Woche machte er einen Ultraschall und verweilte länger als üblich bei dem Mädchen mit der zu kleinen Plazenta. Irgendwann meinte er, aufgrund der Messdaten liege es nahe, dass die Kleine behindert sei und wohl nicht überleben werde. Es gebe nur zwei Möglichkeiten: die Natur machen zu lassen oder, um die beiden anderen nicht zu gefährden, das eine Kind bewusst zu töten. Anis und ich wollten alle drei Kinder behalten. Wir waren uns einig, dass auch ein behindertes Kind ein geliebter Teil unserer Familie ist. Bushido: Der Arzt riet uns, unbedingt eine Fruchtwasseruntersuchung machen zu lassen. Das taten wir dann. Anna-Maria: Wir wollten Gewissheit, dass es den Kindern gut geht. Mit dem Wissen von heute würde ich es jedoch nicht mehr machen lassen (sie weint).
Was ist passiert? Bushido: Die Fruchtwasserentnahme gelang ohne Komplikationen. Anna-Maria: Abends lag ich auf dem Sofa, Anis war im Studio, als plötzlich ein ganzer Schwall Wasser aus mir herauslief. Ich hatte einen Blasensprung bekommen und wusste, was das bedeutet: Die Wehen würden einsetzen und ich würde alle Babys verlieren, ich war ja erst im 5. Monat. Anis rief einen Rettungswagen… Bushido: …als ich die Sanitäter mit der Sitztrage sah, bekam ich die nächste Panikattacke. Genauso wurde meine krebskranke Mutter aus dem Haus getragen, wenige Tage später war sie tot. Ich bin fast durchgedreht aus Angst um meine Frau und dachte, jetzt verlieren wir die Kinder. Anna-Maria: Beim Ultraschall in der Klinik sah man, dass die
Fruchtblase des einen Mädchens komplett leer war, die Hülle lag wie eine Decke zusammengefaltet, das Baby sah winzig aus. Ich bekam Antibiotika, musste eine Woche komplett liegen. Anis war die ganze Zeit bei mir. Die Ärzte bereiteten mich auf einen seltenen Eingriff vor: Man legt das Becken hoch, leitet die Geburt ein, holt das kranke Kind und stoppt die Geburt dann wieder. Mit Glück schafft man es so, dass die Kinder noch ein paar Wochen im Mutterleib bleiben. Bushido: Parallel dazu erfuhren wir, dass das dritte Mädchen doch nicht behindert sein würde. Das war dann zu viel für uns: Wir hätten die Fruchtwasserprobe gar nicht machen müssen und dann wäre es auch nicht zu dem Blasensprung gekommen. Wir dachten, wir seien schuld daran, dass nun womöglich alle drei Kinder sterben würden. Der absolute Albtraum.
Anna-Maria: Gleichzeitig schöpften wir neue Hoffnung, dass auch das dritte Mädchen gesund zur Welt kommen würde. Ihre Fruchtblase hatte sich wieder gefüllt, die Kleine schwamm wie ihre Schwestern munter umher. Doch dann sagten uns die Ärzte, dass ihr Herz zu schwach sei. Sie würde auf jeden Fall sterben, es sei nur noch eine Frage von Tagen. Da sind wir dann wieder komplett zusammengebrochen vor Trauer – und wir haben das nächste Problem: Stirbt die Kleine im Mutterleib, wird der Körper den Fötus wohl abstoßen und den Drillingen droht eine Frühgeburt. Jedes Kind hat zum Glück eine eigene Fruchtblase und Versorgung, dennoch sind nun alle drei Babys gefährdet und die Ärzte raten uns, sie jetzt schon zur Welt zu bringen. Als Frühchen.
Bushido: Das wollen wir ihnen aber nicht zumuten. Anna-Maria ist erst in der 24. Woche, die Mädchen bräuchten eine Darm-Operation, die Lungen funktionieren noch nicht, die Augen auch nicht.
Anna-Maria: Der errechnete Geburtstermin ist der 16. Dezember, geplant war, die Babys im Oktober zu holen. Nun bange ich, dass sie bis zur 29. Woche, also Anfang siebter Monat, im Mutterleib bleiben, dann würden wir die Geburt riskieren. Auf dem Ultraschall sieht das Mädchen mit der viel zu kleinen Plazenta inzwischen genauso groß und munter aus wie ihre Schwestern. Sie wirkt ganz normal, hat 40 Gramm zugenommen in dieser Woche. Trotzdem wird sie sterben, sagen die Ärzte. Dieser Gedanke bringt mich schier um den Verstand. Ich werde die Zwillinge wohl mein Leben lang anschauen und denken, da fehlt ein Kind. Das macht mich unendlich traurig – was ich aber nicht sein darf, den Babys zuliebe und meinen fünf Kindern, die mich ja auch brauchen.
Bushido: Wir geben die Hoffnung nicht auf, dass doch noch ein Wunder passiert, und bereiten uns trotzdem schon mal auf eine Beerdigung vor. Namen für die Kinder haben wir noch keine. Das trauen wir uns noch nicht.