Gute Vorbe reitung kann Leben retten
Die Sicherheitslage bei Auslandsreisen wird immer prekärer – mit sorgfältiger Planung und erhöhtem Risikobewusstsein lassen sich Gefahren minimieren
Während in weltweit aktiven Konzernen schon lange ein Bewusstsein für die Reiserisiken besteht und entsprechende Sicherheitskonzepte entwickelt wurden, lebt die überwiegende Mehrheit der Mittelständler nach dem Prinzip Hoffnung – nicht zu viel darüber nachdenken, es wird schon nichts passieren. Dabei ist Vorsorge ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten Corporate Social Responsibility, der sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung der Unternehmen.
In Deutschland gibt es eine gesetzlich geregelte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB und § 1 Arbeitsschutzgesetz). Verletzt er seine Pflichten, kann das Schadensersatzforderungen des Mitarbeiters zur Folge haben. Die EU plant, diese Sanktionen noch zu verschärfen, indem sie den Corporate Manslaughter and Homicide Act, der in Großbritannien seit Jahren für einen besseren Schutz der Mitarbeiter sorgt, in allen Mitgliedsstaaten einführt. Danach könnten Geschäftsführer strafrechtlich verfolgt werden, wenn einem Reisenden etwas zustößt und das Unternehmen ihn nicht auf mögliche Gefahren vorbereitet und dagegen geschützt hat.
Unterstützung wird erwartet
Reisende und sogenannte Expats, die im Auftrag ihrer Firma längere Zeit im Ausland leben, erwarten jede denkbare Unterstützung und den bestmöglichen Schutz von ihrem Arbeitgeber, wie eine jährliche Studie im Auftrag des Deutschen ReiseVerbands (DRV) belegt. Fast die Hälfte der Befragten beklagt sich in der aktuellen Ausgabe über mangelnde Unterstützung durch ihre Firma, wenn sie aufgrund unvorhersehbarer Probleme wieder einmal unterwegs gestrandet sind. Das sind zehn Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Die ausbleibende Unterstützung vom Arbeitgeber führt nicht nur zu Frust beim Einzelnen“, sagt Stefan Vorndran, Vorsitzender de s Ausschusses Business Travel im DRV. „Wenn Termine platzen oder der Reisende sich nicht in Ruhe darauf vorbereiten kann, gefährdet dies auch den geschäftlichen Erfolg der Reise.“
Noch größer ist die Zahl derjenigen, die laut Studie nichts von speziellen Vorbereitungen ihres Unternehmens auf einen Krisenfall bei Geschäftsreisen wissen (62 Prozent) und einfach darauf vertrauen, dass ihnen im Notfall schon geholfen wird. Es werde intern offenbar zu wenig über dieses Thema kommuniziert, meint der Experte – selbst in den Firmen, die Krisen-Konzepte in der Schublade haben. „Die Chefs vernachlässigen so ihre Fürsorgepflicht und gefährden die Sicherheit ihrer Mitarbeiter – und damit auch ihren eigenen Ruf als Arbeitgeber“, so Vorndran.
Nicht weniger als 164 Millionen Geschäftsreisen werden Jahr für Jahr von Deutschland aus unternommen. Vor allem die Reisenden, die im Ausland und in den Krisenregionen der Welt unterwegs sind, werden dabei mit den unterschiedlichsten Gefahren konfrontiert.
Krieg, Kriminalität oder Ebola
Das Szenario reicht von den am häufigsten vorkommenden Risiken Krankheit, Unfall und Gepäckverlust über kriminelle Delikte (Diebstahl, Raub, Betrug) bis zu Bedrohungen durch Umweltkatastrophen ( Erdbeben, Vulkanausbrüche, Tsunami) und Epidemien (aktuell: Ebola in Westafrika). Manche Reisenden werden unterwegs von Terroranschlägen (z. B. auf das World Trade Center in New York, die Vorortzüge in Madrid oder die Londoner U-Bahn) überrascht. Einige werden
Opfer von Entführungen oder müssen in Länder oder Gegenden reisen, die von sozialen Unruhen (Nordafrika), Bürgerkriegen (Syrien, Thailand) oder Kriegen (aktuell: Israel, Irak) betroffen sind.
All das kann eine reale Gefahr für Leib und Leben des Reisenden bedeuten. Auch die beste Fürsorge des Arbeitgebers vermag die Risiken nicht beseitigen, allerdings können sie durch gezielte Vorbereitung reduziert werden: Diese kann helfen, bestimmten Gefahrensituationen von vornherein aus dem Weg zu gehen oder bei akuter Bedrohung ruhig und angemessen zu reagieren.
So bietet beispielsweise das in Tübingen ansässige Unternehmen A3M mit seinem „Global Monitoring System“, das der DRV zum Branchenstan- dard ernannte, während der sogenannten Pre-Travel-Phase umfassende Informationen und Frühwarnungen in Echtzeit an. Nur mit einer solchen Wissensbasis als Entscheidungsgrundlage kann der unternehmerischen Informations- und Fürsorgepflicht Genüge ge- leistet werden. Sie ist die Voraussetzung eines jeden verantwortungsbewussten Reisesicherheitskonzepts.
Wer also durch Länder- oder Städteinformationssysteme schon weiß, wo und wie man sich bewegen kann, ohne Opfer von Überfällen und Diebstählen zu werden, wie man Infektionen vermeidet und wo man im Notfall Hilfe bekommt, wird im Zielland sicherer und selbstbewusster auftreten.
Wissen ist die halbe Miete
Länderinformationen bieten neben dem Auswärtigen Amt und A3M weitere deutsche und internationale Anbieter. Unterschiede gibt es dabei in der Risikobewertung vor allem zwischen europäischen Dienstleistern wie RiskCompass ( www.
riskcompass.info), Riskline ( www.riskline.dk) oder EXOP ( www.exop-intel.de) und amerikanischen wie Control Risks, Northstar oder iJet. „Einige der Anbieter verfügen nicht über explizite Sicherheitshinweise für Städte, sondern nur auf Länderebene. Das ist ungenügend, besonders bei Reisen in die Zweite und Dritte Welt“, sagt Oliver Hirt, der mit seiner Agentur Litehouse Consulting Firmen in Sicherheitsfragen berät.
Im Rahmen einer umfassenden Prävention sollten Reisende gezielte Trainings absolvieren, in denen sie u. a. darauf vorbereitet werden, sich mit einem (unauffälligen) „Low Profile“im Ausland zu bewegen, Geld und Wertgegenstände im Hotelsafe zu verwahren, Pass und sonstige Dokumente nur als Kopie mitzunehmen,
öffentliche Verkehrsmittel zu meiden, nur in vorbestellte und lizenzierte Taxis einzusteigen, sich nicht in Bars von Fremden zu einem Drink einladen zu lassen, nicht einfach Geld an öffentlich zugänglichen Geldautomaten abzuheben, kein Geld auf der Straße zu tauschen, als Selbstfahrer nicht bei Verkehrsunfällen anzuhalten, um Hilfe zu leisten, sich von No-go-Areas und bestimmten Lokalitäten fernzuhalten. Für geschäftsreisende Frauen gibt es eigene Kurse und Schulungen, mit konkreten Verhaltenstipps für alle Bereiche einer Auslandsreise wie Anreise/Transport, Hotel oder Restaurant-/Bar-Besuche. Auch interkulturelle Trainings gehören zur Vorbereitung auf Auslandsaufenthalte (Angebote bei www.icunet.ag oder www. mentalleis.de), denn Fehltritte aufgrund kultureller Unterschiede können nicht nur den geschäftlichen Erfolg gefährden, sondern für den Reisenden in manchen Situationen sogar bedrohlich werden.
Einig sind sich Experten darüber, dass besonders bei deutschen Mittelständlern großer Nachholbedarf in Sachen Vorsorge und Risikomanagement besteht. „Der Mittelstand ist noch zu wenig sensibilisiert für die Gefahren, die im Ausland Leben und Gesundheit ihrer Mitarbeiter bedrohen, zugleich aber auch für die sensiblen Daten, die sie bei sich haben – das geistige Eigentum ihres Unternehmens“, bestätigt Oliver Hirt. In den meisten Firmen seien weder die Zuständigkeiten für Sicherheitsfragen geklärt noch gäbe es Notfallpläne.
Hier können zuerst einmal die großen Travel Management Companies (TMC) helfen. Die Reisebüro-Experten wissen auf der Basis der Buchungsdaten, wo sich die Firmenmitarbeiter in Krisensituationen gerade aufhalten und bieten bei Notfällen 24-Stunden-Hotlines an. Sie sorgen in Kooperation mit Anbietern aus dem Bereich Security und Medical Assistance für die Kommunikation mit den Reisenden und für schnelle Hilfe vor Ort, bis hin zur Evakuierung aus den Krisengebieten. Zu den größten Sicherheitsdienstleistern zählen International SOS/Control Risks, Red24, iJet sowie in Deutschland EXOP, Result Group und A3M. Michael Stranner