Airport-Check:
Paris-Charles-de-Gaulle
Der Flughafen Paris-Charles-de-Gaulle ist nichts für Ungeübte – Orientierung kann zur Herausforderung werden. Tom Otley gibt Hilfestellung
für Menschen, die zum ersten Mal ihren Fuß auf diesen unglaublichen Flughafen setzen, mag der erste Eindruck umwerfend sein, und das im eigentlichen Wortsinn. Der Aéroport Charles de Gaulle (CDG) besetzt eine gigantische Fläche, die beinahe ein Drittel der Stadt Paris ausmacht und sich 25 Kilometer südlich der City ausbreitet. Mit aktuell vier Start- und Landebahnen können Maschinen gleichzeitig starten und landen.
Jede Menge Luft nach oben
Vor ein paar Monaten wurde der CDG 40 Jahre alt – mit 62 Millionen Passagieren im Jahr 2013 belegt der Pariser Airport Rang zwei der meistfrequentierten Flughäfen Europas nach Heathrow (zwei Start- und Landebahnen) und Rang acht weltweit. Trotzdem gibt es noch Luft nach oben: Der CDG kann seine Kapazitäten so ausbauen, dass auch 80 Millionen Fluggäste abgefertigt
werden können – keine schlechte Basis für das von der International Air Transport Association (IATA) prognostizierte Passagierwachstum von drei bis fünf Prozent jährlich für die nächsten zwei Jahrzehnte.
Im Schnitt startet oder landet alle 30 Sekunden ein Flugzeug, 180 Airlines fliegen den Airport an, und – glaubt man dem Eigentümer Aéroports de Paris – gibt es bis zu 25.000 Mittel- und Langstreckenverbindungen pro Woche, die innerhalb von zwei Stunden abgefertigt werden, sowie insgesamt 315 Städteverbindungen auf dem Flugplan.
Dabei ist der Flughafen Charles de Gaulle nicht der einzige Pariser Airport – es gibt einige, darunter Paris Orly, wo ebenfalls internationale Passagierflüge abgewickelt werden – aber der CDG ist das Drehkreuz von Air FranceKLM und der europäische Stützpunkt der Skyteam-Allianz. FedEx und La Poste haben dort ihren europäischen Stützpunkt, wie viele große Player der Frachtbranche. Etwa 60 Prozent der Passagiere steigen um und nutzen den Flughafen nur als Übergangsstation auf dem Weg zu ihrem endgültigen Ziel.
In den letzten Jahren hat Air France zusammen mit Aéroports de Paris hart daran gearbeitet, Transferzeiten zu verkürzen, Security-Checks zu erleichtern, Passagiere besser zu informieren bzw. zu unterstützen und dem Flughafen als Umsteigehub seinen Schrecken zu nehmen. Nun hat sich die Lage zweifellos verbessert, trotzdem kann es immer noch eine Herausforderung sein, hier eine Anschlussmaschine zu besteigen.
Zunächst einmal gibt es neun Terminals: Terminal 1, Terminal 2A, 2B (geschlossen wegen Renovierung), 2C, 2D, 2E, 2F, 2G und Terminal 3.
2012 öffnete Air France eine neue Halle M im Terminal 2E, die nun die Hallen K und L ergänzt (ebenfalls im Terminal 2E), in denen Nicht-Schengen-Flüge abgefertigt werden. Während Halle L Satellite 3 zugerechnet wird, gehört Halle M zu Satellite 4. Und als ob dies nicht schon verwirrend genug wäre, müssen Passagiere, die von der Kurz- auf die Langstrecke wechseln, damit rechnen, zu Terminal 2F (Mittelstreckenflüge Schengen), Terminal 2G (Schengen-Flüge der Airlines Hop und Cityjet) oder Terminal 2E (wenn sie aus Großbritannien kommen) geschickt zu werden. Und weil sich so mancher mit der Orientierung schwertut, hat Air France eine nützliche Seite auf ihrer Homepage eingerichtet, die Transitgästen das Umsteigen erleichtern soll (www.tinyurl.com/c2k33d5).
Verwirrende Beschilderung
Während im Terminal 1 die Star-AlliancePartner zu Hause sind, ist Terminal 2 Flügen von Oneworld (2A, B, C und D) und Skyteam (2E and F) vorbehalten. Die Interkontinentalflüge von Skyteam machen übrigens über 60 Prozent des gesamten Flugverkehrs des CDG aus sowie 80 Prozent der im Terminal 2 abgewickelten Flüge.
Diese Zahlen klingen so lange abstrakt, bis man an diesem Airport gelandet ist. Sobald der Fall eintrifft, ist man mit riesigen Anzeigetafeln konfrontiert, auf denen Hunderte Abflüge gelistet sind, außerdem mit Pfeilen, die einen – auf Französisch und Englisch – in die verschiedenen Bereiche der Terminals schicken. Für Urlauber bedeutet das eine Extraportion Stress. Für Geschäftsreisende, die oftmals selbst entscheiden können, welche Airlines und Strecken sie buchen, dass sie den anstrengenden Flughafen schon mal von ihrer Liste streichen.
Der Pariser Airport weiß das – und versucht, Business-Reisende gezielt anzusprechen, etwa durch Projekte wie das „Parafe programme“(www.aeroportsdeparis.fr/en/passengers/flight-preparation/ boarding-procedure/crossing-borders).
Übung macht den Meister
Im Rahmen des Programms können Reisende die Grenzkontrollen durchlaufen mit Pass und Fingerabdruck (wie bei den E-Pass-Gates in London Heathrow). Der Service steht Europäischen Staatsbürgern zur Verfügung (inklusive jenen aus Großbritannien, die sich im Vorfeld registrieren müssen).
Als Vielreisender und Statuskunde von Skyteam wird man natürlich nach den Fast-Lanes der entsprechenden Airlines Ausschau halten, um zügig durch die Sicherheitskontrollen zu kommen. Nachdem ich während der vergangenen
Wochen zweimal über den CDG gereist bin, kann ich inzwischen einschätzen, wie viel Zeit ich fürs Umsteigen benötige, und das können – abhängig von Strecke, Sicherheitskontrollen, Lage der Terminals und deren Entfernung voneinander – zwischen 60 und 90 Minuten sein. Der Flughafen hat sich bis jetzt geweigert, eine offizielle „Minimum Connection Time“(MCT) zu nennen.
Bei einem Umstieg neulich wurde mir sogar geraten, den Transitbereich zu verlassen, das Terminal „von außen“zu betreten und dann nochmals durch die Security zu gehen, weil das schneller sei als innerhalb des Transitbereichs umzusteigen. Was ich dann auch getan habe, sonst hätte ich mal den neuen Tunnel zwischen 2F und 2E (Halle K) ausprobiert, der vor zwei Jahren fertiggestellt wurde.
First-Class-Passagiere von Air France (ca. 150 täglich) haben das Privileg, durch den Airport geleitet und vom Flieger per Limo zur Lounge gebracht zu werden.
Die neue Halle M im Terminal 2E beherbergt eine 3.000 Quadratmeter große Air-France-Business-Lounge mit Buffet-Restaurant, Arbeitsbereichen (und Spielecken für Kinder) und Airport-Ausblicken vom Boden bis zur Decke. Das Problem ist, dass sich Halle M, erreichbar über einen eindrucksvollen Elektrozug und ausgestattet mit Geschäften aller Art (darunter unter anderem Bulgari, Burberry, Cartier, Dior und Prada), am abgelegensten Teil des Flughafens befindet und aus Kostengründen nur zwischen zwei Uhr morgens und zwölf Uhr mittags geöffnet ist.
Verborgene Oase: Halle M
Der Airport hat dafür gesorgt, dass Flüge mit kaufkräftiger Klientel in Halle M abgefertigt werden, um die Ladenbesitzer bei Laune zu halten, aber für den Rest des Tages bleiben die Halle und ihre große Lounge geschlossen. Vielleicht wird Halle M eines Tages stärker in die Abläufe des CDG eingebunden sein, aber bis dahin wird dieses eindrucksvolle Shopping-Areal und seine moderne und auf den Punkt gestylte Air-France-Lounge den meisten Passagieren verborgen bleiben.
Die Herausforderung, die der CDG bewältigen muss, ist, den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts mit einem Flughafen gerecht zu werden, der im 20. Jahrhundert geplant und gebaut wurde.
Verschärfte Sicherheitsmaßnahmen, gigantische Passagierzahlen und Myriaden neuer Airlines, die immer neue Strecken bedienen, haben den Pariser Airport zur stetigen Expansion gezwun- gen. Jedoch muss die enorme Dimension – und die Möglichkeit zu weiterem Wachstum – beherrschbar und für Passagiere nachvollziehbar sein, jedes neue Stück Infrastruktur muss sich in die vorhandenen Strukturen einpassen.
Im Moment fokussiert man sich am Paris-Charles-de-Gaulle auch darauf, die Anbindung zur Stadt zu verbessern – ab 2017 soll der sechsjährige Bau für den „CDG Express“beginnen, der ab 2023 Passagiere vom Airport zum Pariser Gare de l’Est und retour befördern soll.
Fazit: Wie die meisten Drehkreuze ist auch der Flughafen Charles de Gaulle eine riesige Baustelle, aber wenigstens macht diese sichtbare Fortschritte.
Tom Otley