Chemie-Alarm nach Sprung aus Fenster
BAUTZEN - Sie macht keine Geräusche, blinkt nicht, hat keine Batterie, keine Systemabstürze - eine Sonnenuhr ist von der Technik unabhängig. Nur das Wetter muss eben stimmen. Das sächsische Taubenheim nahe Bautzen ist das Mekka für Sonnenuhren-Liebhaber. Dort wohnt auch der einzige Sonnenuhr-Macher Sachsens.
Wenn Peter Domschke (76) in Taubenheim/Spree unterwegs ist, trifft er buchstäblich an jeder Ecke auf seine Arbeit - überall Sonnenuhren. Vor allem an den typisch Oberlausitzer Umgebindehäusern des 1500 Einwohner zählenden Ortes. Domschke hat zu jeder eine Geschichte parat. Denn er stellte sie entweder selbst her oder restaurierte sie. „Darüber hinaus bin ich der offizielle Sonnenuhren-Beauftragte unserer Gemeinde“, sagt er und zeigt stolz die Urkunde des Bürgermeisters.
Gelernt hat Domschke die seltene Profession beim Guru der Taubenheimer Uhrenkunst, Martin Hölzel, geht aus der Orts-Chronik hervor. Der Grafiker und Kunstlehrer hatte in den 1970ern die Tradition aufleben lassen. Als Hölzel 1994 starb, war Domschke legitimer Nachfolger.
Schon das Atelier des heutigen Grafikdesigners liegt ganz im Bann kosmischer Weiten - nicht nur der Sonne. Auf utopischen Bildern sind Phantasie-Welten zu sehen. Sie wirken täuschend echt. Kein Wunder: „Weil ich aus politischen Gründen als Ingenieur nicht weiterkam, machte ich mich zu DDR-Zeiten mit Spezialfotografie selbständig“, so Domschke. Sein privates Labor lieferte hochpräzise Reproduktionen.
Das Wissen um Fotografik, aber auch sein Können als Ingenieur sind für den Uhrenbau unentbehrlich. „Jede Sonnenuhr ist eine Spezialanfertigung“, betont Domschke. Zunächst nimmt er mit einem rechtwinkligen Lochgnomon (eine Art Schattenfänger mit Loch) die Ausrichtung des jeweiligen Hauses samt Wandneigung ab. Danach richtet er dann den Zeiger, Gnomon, und die Stundenstriche aus. Viel Aufwand, viel Arbeit, weswegen die Preise für eine Uhr auch bei etwa 1 000 Euro beginnen.
Selbst Übereck-Uhren sind möglich! Die Motive richten sich meist nach der Geschichte des Hauses NEUKIRCH - So einen Einsatz erlebt das Städtchen Neukirch in der Oberlausitz auch nicht alle Tage: 95 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei stürmten eine Wohnung an der Parkstraße. Der Verdacht: Hochgefährliche Chemie!
Bereits gegen 20 Uhr eilten die Rettungskräfte zum Neubaublock: Unmittelbar davor lag ein Schwerverletzter (51), das Fenster im vierten Stock war noch offen. Um zu klären, wie es zu dem Sturz kam, war die Polizei nocheinmal auf die Hilfe der Kameraden angewiesen, denn die Wohnungstür war verschlossen, dazu noch mit Kisten verbarrikadiert. So mussten die Beamten über die Drehleiter in die Wohnung klettern. Vermutlich handelte es sich um einen Suizid-Versuch.
„Bei der weiteren Inaugenscheinnahme der Räumlichkeiten entdeckten die Beamten Flaschen mit unbekannten Substanzen“, so Polizeisprecher Tobias Sprunk (29). Und: „Ein 49-jähriger Polizeibeamter erlitt aus bislang unbekannter Ursache eine plötzliche Hautrötung auf einer kleinen Stelle am Unterarm“- Großalarm!
und seiner Herren. Domschkes Grundstück zieren gleich mehrere Sonnenuhren. Nur seine PC-Bildschirmschoner im Atelier schlagen aus der Art: Sie zeigen den
Mond. TH
Alle elf Bewohner des Hauses wurden evakuiert, der Gefahrgutzug aus Bautzen und Experten des Landeskriminalamts rückten an. Diese konnten zumindest einmal Sprengstoff ausschließen. Der Einsatz dauerte bis fünf Uhr morgens. Was in den sechs Flaschen war, wird noch untersucht. eho