„Ungelöste Fälle gab es schon öfter“
War „Die Wahrheit“tatsächlich der erste „Tatort“, der keinen überführten Mörder präsentiert? François Werner, der die Fan-Homepage „tatort-fundus.de“betreut, will da widersprechen. Der „Tatort“-Experte: „Es ist durchaus schon vorgekommen, dass Täter nicht ermittelt wurden oder Beweise nicht ausreichten.“
Werner nennt den Münchner Fall „Der tiefe Schlaf“(2012), der unter Fans der Krimi-Reihe wegen der Rolle des nervigen Assistenten Gisbert Kultstatus hat. „Dort haben die Kommissare in der gesamten Folge keinen Kontakt zum Gesuchten.“Den könnte man an einem tätertypischen Räuspern erkennen. Am Ende ist es - rein zufällig - zu hören, doch der Räuspernde flieht sofort, wird angefahren, stirbt. War es der Mörder? Man erfährt es nicht.
Im Frankfurter Film „Weil sie böse sind“(2010) zwingt ein Millionärssohn (Matthias Schweighöfer) einen Angestellten (Milan Peschel), verhasste Familienmitglieder für ihn zu töten. Der Anstifter gerät unter Verdacht, stirbt aber bei einem Auto-Crash. Der eigentliche Mörder bleibt unentdeckt. Werner: „Die Polizisten kommen nie mit ihm in Berührung.“
Auch „Der Wald steht schwarz und schweiget“(2012) kommt ohne überführten Täter aus. Es gibt mehrere Verdächtige, aber der Film bricht ab mit Lena Odentals Worten: „Irgendwann wird einer schon reden.“Der Fall wurde als Online-Spiel fortgesetzt, bei dem die Nutzer selber den Schuldigen ermitteln konnten. Rund 100 000 Zuschauer versuchten es, nur 20 000 fanden die Lösung.
Werner erinnert auch an den 177. Fall „Die kleine Kanaille“(1986): „Dort wird der Täter benannt, kann aber nicht überführt werden.“Am Ende sagt der Berliner Kommissar Bülow (Heinz Drache) nur: „Ich krieg dich noch.“
Dazu kämen Fälle, in denen überführte Täter entwischen („Borowski und der stille Gast“, 2012) oder aus Mitleid nicht verhaftet werden, wie in „Frau Bu lacht“(1995) oder im ersten „Tatort: Taxi nach Leipzig“(1970).
Für Werner war „Die Wahrheit“also keine Überraschung. Trotzdem hält er den Film für einen Knaller: „Ich mag die Darstellung realistischer Polizeiarbeit. Das kommt viel zu selten vor. Diesmal fand ich das super.“hn