Ex-Gefängnisleiter liest Sachsens Justiz die Leviten
Von Torsten Hilscher
Der Mann ist ein Störenfried. Ex-Knastdirektor Thomas Galli (43) leitete die JVA Zeithain und sorgte mit liberalen Thesen für Aufsehen: Haft zu Hause statt Zelle; mehr Betreuung, weniger Gitter. Harte Jungs auf eine Gefängnisinsel. Jetzt kehrt er nach Sachsen zurück - und liest den Verantwortlichen die Leviten. Thomas Galli (43) lebt und arbeitet heute in Augsburg. Dort hat er sich zur Situation des Strafvollzugs in Sachsen Gedanken gemacht. Zunächst kommt Lob: „Einige Ansätze sind sehr positiv wie die Betonung der Kunsttherapie und niedrigschwellige Angebote wie Gartentherapie.“Aber dann kritisiert der Jurist: Es fehlt an Struktur, es fehlen Prioritäten. „Es wird zu viel Energie für völlig irrelevante Fragen oder Probleme verschwendet.“Dabei müsste dringend geklärt werden:
1. Was will der sächsische Vollzug konkret erreichen? (z.B. Senkung der Rückfallquote auf x Prozent), 2. Was erreicht er tatsächlich? 3. Was muss getan werden, um mehr zu erreichen?
Galli fordert eine externe Unternehmensberatung, die Sachsens Justizvollzug auf Herz und Nieren prüft. Mit Blick auf den geplanten Abschiebegewahrsam sagt er: Man sollte die Asylbewerber nicht in gefängnisartigen Einrichtungen unterbringen. „Da-
mit schürt man zudem unnötig Aggressionen und verschlechtert Deutschlands Bild in der Welt.“Deutliche Worte findet er auch zur geplanten gemeinsamen Haftanstalt mit Thüringen in Zwickau (MOPO berichtete): „Die ganze Unternehmung ist eine riesige Verschwendung von Steuergeldern.“Große Anstalten wie diese seien nur auf den ersten Blick günstiger als mehrere kleine.
Gut hingegen findet Galli Justizminister Sebastian Gemkow (38, CDU): Er sei einer, der nicht alles besser wisse. „Aber mir fehlt, dass wichtige justizpolitische Fragen nicht angegangen und diskutiert werden: Was kann die Justiz gegen Gewalt durch Rechtsradikale tun, wie kann der Strafvollzug reformiert werden, wie kann Kriminalität reduziert werden?“Dafür müsse Gemkow seine Beamten antreiben.