Chemnitzer Morgenpost

Horror-Hit mit Hirn

-

Horror hat ein Problem: Kinogänger mögen den Grusel, aber Kritiker hassen ihn. Den US-Megahit „Get Out“aber lieben alle. Dabei klingt die Zusammenfa­ssung zunächst einmal schwer verdaulich, denn das Werk ist eine sozialkrit­ische Horrorkomö­die gegen Rassismus.

Viel vom Inhalt sollte nicht verraten werden. Nur Folgendes: Erzählt wird die Geschichte von Chris und seiner Freundin Rose. Sie ist weiß, er schwarz. Sie will ihn bei einem Wochenenda­usflug ihren Eltern vorstellen. Er ist nervös, weil die noch nichts von seiner Hautfarbe wissen und er die Vorurteile der weißen Vorstadt-Oberschich­t fürchtet - schließlic­h stößt er aber auf geheimnisv­olle Aktivitäte­n, die seine Vorstellun­gskraft bei Weitem übersteige­n und ihn in Gefahr bringen.

Würde dieser Plot mit ausschließ­lich weißen Schauspiel­ern erzählt, fehlte viel von dessen Durchschla­gskraft. Doch hier denkt der Zuschauer bei jeder Wendung einen rassistisc­hen Subtext mit. Das macht den Film von Regisseur Jordan Peele zum fasziniere­nden politische­n Kommentar. Auch wenn dem farbigen Peele klar ist, dass Schwarze den Film anders sähen als Weiße.

Peele spielt exzellent mit diesem Ausmalen extremer Wendungen, die vielleicht doch nicht eintreten. Das Horrorgenr­e passt damit so gut zum Thema Alltagsras­sismus, dass man sich als Zuschauer wundert, warum es filmisch nicht schon viel häufiger aufgegriff­en wurde.

Doch auch wer keine Lust auf Sozialkrit­ik hat, erlebt überzeugen­de 103 Minuten: Die Horrorschr­auben im Familienan­wesen der Armitages werden nach und nach souverän festgezurr­t. Die Schauspiel­er rund um Daniel Kaluuya (Reggie in „Sicario“) und Allison Williams (Marnie aus der Fernsehser­ie „Girls“) arbeiten auf den Punkt und einige bitterböse Pointen bringen eine gut dosierte Portion schwarzen Humor.

Fazit: Der exzellente Thriller verbindet Grusel mit Humor und ist der seltene Fall von Horror mit Hirn.

Christian Fahrenbach

 ??  ?? Bald kann der schwarze Schwiegers­ohn in spe nicht glauben, was ihm geschieht.
Bald kann der schwarze Schwiegers­ohn in spe nicht glauben, was ihm geschieht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany