Kretschmann lästert über die Grünen
BERLIN - Riesen-Knatsch bei den Grünen: Im Netz ist der heimliche Mitschnitt eines Videos vom Bundesparteitag aufgetaucht - es zeigt Oberrealo S o richtig grün sind sie sich in der Öko-Partei ganz offensichtlich nicht. Selbst wenn nach dem Auftauchen des Videos über den Zornesausbruch von Winfried Kretschmann rasch demonstrative Einigkeit und Harmonie präsentiert werden sollen - Geschlossenheit sieht anders aus. Und im Wahlkampf ist die allemal wichtig. D ass sich der Ministerpräsident aus dem Ländle - ein bundesdeutscher Hauptstützpunkt des Automobilbaus echauffiert, wenn seine Parteifreunde den Verbrennungsmotor verbieten wollen, ist nicht ganz abwegig. Kretschmanns Kurs ist eben nicht durchweg kompatibel mit den Vorstellungen der Alternativen - und das nicht zum ersten Mal. U ngeachtet der Frage, ob die heimliche Aufzeichnung der landesväterlichen Lästerei legitim war, sollte dem Politiker aus Schwaben aber durchaus bewusst sein: Die abgasfreie Mobilität als Polit-Ziel sollte gerade für einen Vertreter grünen Gedankenguts im Zentrum stehen. Kretschmann sollte also nicht fordern, sondern ist gefordert. Winfried Kretschmann (69) beim Wutausbruch über die Wahlkampfstrategie. Der Ministerpräsident aus Ba-Wü lästert über den Beschluss seiner Partei, ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr neu zuzulassen.
Im Gespräch mit dem Grünen-Verkehrsexperten Matthias Gastel (46) lässt der Schwabe seinem Frust über die Öko-Partei im Bund freien Lauf, schimpft über „Schwachsinns-Termine“. Er bezweifelt, dass bis zum Jahr 2030 die nötige Zahl von Ladestationen geschaffen werden können. Kretschmann weigert sich, bei solchen Beschlüssen für seine Partei zu werben: „Dann lasst mich in Ruhe und macht euren Wahlkampf selber!“
Die Empörung bei den Alternativen ist groß - vor allem wegen des Filmchens. „Ein solcher Lauschangriff und dessen Veröffentlichung ist zumindest sittenwidrig“, sagte Baden-Württembergs Regierungssprecher Rudi Hoogvliet (58). Grünen-Politiker Boris Palmer (45), OB von Tübingen: „Es ist ein Skandal, dass jemand so etwas aufnimmt.“
Juristisch will das Staatsministerium in Stuttgart nicht gegen die Aufzeichnung vorgehen: „Wir werden keine rechtlichen Schritte einleiten“, so Hoogvliet. Dem Online-Portal „faz.net“sagte er, Kretschmann sei mit dem Verlauf des Parteitags zufrieden und werde auch in den Wahlkampf einsteigen. Erste Auftritte sind demnach Mitte August geplant.
Grünen-Chef Cem Özdemir (51) betonte die grundsätzliche Geschlossenheit der Partei: „Im Ziel der abgasfreien Mobilität besteht große Einigkeit.“