Besuch in Sachsens AfD-Hochburg
FREIBERG - In Dorfchemnitz (Mittelsachsen) stimmte mit 47,4 Prozent fast jeder Zweite für die AfD - so viele wie in keiner anderen Gemeinde in Deutschland. Was bewegt die Einheimischen?
Zwischen Feldern und Wiesen liegen die Ortsteile, entlang der Hauptstraße stehen schicke Häuschen. Einwohner (es gibt 1291 Wahlberechtigte) sind kaum zu sehen, dafür blökende Schafe und Kühe. In der Bäckerei Schramm kostet ein doppeltes Brötchen 45 Cent. „Dass die AfD hier so viele gewählt haben, kann ich mir nicht erklären. Das ist Wahnsinn“, sagt Bäckerin Ursula Buschmann (62). „Eigentlich ist alles in Ordnung hier. Wir haben Gärtnerei, Tischlereien, Fleischer, ein Nachbarschaftsfest.“
Rentnerin Martina Müller (65): „Es ist ein gutes Leben hier. Aber die Busanbindung ist schlecht. Ohne Auto hat man ein Problem. Es gibt keinen Supermarkt.“Lebensmittel wie Milch, Quark und Bier gibt’s nur im Tante-Emma-Laden: „Viele Ältere kommen bei mir bestellen. Ich kaufe es in den Supermärkten der Nachbarorte ein“, sagt Verkäufer Ralf König (65). „Mir gefällt es hier im Ort, es ist schön, ruhig, die Dorfgemeinschaft intakt. Nur die Schule fehlt, die war wichtig, ein Mittelpunkt.“
Vor Jahren wurde die Grundschule geschlossen. Sie sollte saniert werden - was bis heute nicht passierte. Später sollten plötzlich Flüchtlinge in die Schule einziehen, was nie passierte, aber die Einheimischen zusätzlich verärgerte. „Die Schulschließung hat viele sehr enttäuscht, wir hatten genug Schüler“, sagt Karl-Heinz Schurig (77), der Vater des (ehrenamtlichen) Bürgermeisters. „Eine Bürgerinitiative brachte nichts. Außerdem wird Dorfchemnitz vom Nachbarort Sayda verwaltet. So fehlen die Eigenständigkeit und Geld für Investitionen. Sayda will die Umlagen erhöhen, verlangt mehr Geld von uns, das ist ungerecht. Ich habe die AfD nicht gewählt, aber das Ergebnis ist gut. Es ist mal ein Dämpfer.“Seine Frau Gudrun (76): „Ich bin in Sportverein und Kirchenchor. Die Stimmung unter den Leuten ist schon schlecht.“
Die CDU ließ sich im Wahlkampf nicht in Dorfchemnitz blicken. Dafür füllten AfD-Politiker wie Frauke Petry (42) den Gasthof, beeindruckten viele Wähler. Die zeigten sich an der Wahlurne offenbar erkenntlich ...