Wie nah darf der Wolf uns kommen?
Von Eric Hofmann BAUTZEN - Nach der Begegnung mit zwei Wölfen am Speicherbecken Lohsa II fragen sich viele: War das gefährlich und haben die Raubtiere jetzt etwa die Scheu vor dem Menschen verloren? Experten geben Entwarnung, doch trotzdem werden jetzt Konsequenzen diskutiert.
Bis zu vier Meter kamen zwei Tiere an den Jäger Sven Peschel (29) heran, stahlen ihn den Helm und zwangen ihn und einen Freund schließlich, die Flucht im Auto zu ergreifen. Auch das Büro „Wölfe in Sachsen“bezeichnete das Verhalten der Tiere als ungewöhnlich (MOPO berichtete). Anders sieht das Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal (64). Der Professor der Uni Wien erforscht seit neun Jahren das Verhalten von Wölfen, ist einer der Gründer des „Wolf Science Center“(WSC). „Ich sehe keinerlei Spur von Aggressivität in dem Verhalten der Tiere“, so der Forscher. „Es handelt sich um Welpen, die sind sehr neugierig.“
Wölfe, die ihr Revier beispielsweise gegen einen Hund verteidigen wollen, würden ihr Fell aufstellen und knurren, an potenzielle Beute schleichen sich die Graupelze in großen Kreisen mit gesenktem Kopf heran. „Sie springen bei jeder Bewegung zurück“, sagt Kotrschal. „Das zeigt, dass sie sehr wohl noch scheu, aber neugierig sind. Ältere Wölfe verbergen sich dann eher.“Der Experte rät dazu, bei solchen Begegnungen die Tiere zu vertreiben. „Damit sie Menschen nicht als freundlich kennenlernen“, begründet er.
Ähnliches planen nun die offiziellen Stellen. „Die Sichtungsstelle ist das Kerngebiet eines Wolfs- rudels“, sagt Sachsens Wolfsmanager André Klingenberger (38) der MOPO. „Eigentlich ist das Gelände ja gesperrt, sodass da nicht wirklich jemand gefährdet wäre. Mit dem Lupus-Institut, dem Biosphärenreservat und dem Umweltministerium diskutieren wir jetzt aber, ob die Tiere vergrämt werden.“