„Enthemmte Wut hilft uns nicht weiter“
Von Torsten Hilscher DRESDEN - Die große Sachsen-Visite von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (61) - Tag zwei widmete er ganz der Landeshauptstadt. Höhepunkt dort: eine Mahnung in Sachen Wutbürger. Dafür hatte sich Steinmeier die Dreikönigskirche ausgesucht. Jenes Gotteshaus, das 1990 bis1994 dem Landtag ein Domizil bot.
Er glaube, so Steinmeier, die „Flüchtlingskrise“habe viele Ängste verstärkt, die schon da waren, insbesondere die Angst vor Kontrollverlust. Das zeige: Die Gesellschaft brauche die offene Debatte über Herausforderungen und Probleme, brauche Streit als Katalysator für Entscheidungsprozesse. „Allerdings, der Gestus der Empörung, enthemmte Wut und Drohung, seien sie gegen Flüchtlinge oder gegen Bürgermeister gerichtet, helfen uns in keinem dieser Fälle weiter.“
Zuvor hatte Steinmeier den neuen Landtag und die Staatskanzlei besucht. Den Tagesbeginn markierte eine Andacht in der Frauenkirche, gehalten von den beiden Landesbischöfen. Die eher allgemeine Predigt von Bischof Carsten Rentzing (50) würzten zwei Rand-Begebenheiten: Schüler einer 9. Klasse wurden kurzerhand Ehrengäste der Andacht. Sie hatten sich eigentlich nur die Kirche angucken wollen. Und: Frauenkirchen-Geschäftsführer Frank Richter (57) verspätete sich fast, kam im Laufschritt. Er hatte die Polizeiabsperrungen auf dem Weg zur Kirche unterschätzt.