Kultusminister will Lehrer verbeamten
Interview mit dem neuen Kultusminister Frank Haubitz
DRESDEN - Plötzlich Kultusminister: Frank Haubitz (59, parteilos) ist seit drei Wochen im Amt. Der langjährige Chef des Berufsverbandes der Gymnasiallehrer steht vor einem Berg von Problemen - insbesondere der Mangel an Lehrern. Der MOPO verriet der Minister in seinem ersten großen Interview, welche einschneidenden Veränderungen er plant.
Sie sind seit drei Wochen Kultusminister. Haben Sie den Job unterschätzt?
Der Druck ist immens. Ich habe festgestellt, dass Verwaltung anders funktioniert als Schule. Dass alles ein bisschen länger dauert. Wie prekär die Situation wirklich ist, habe ich als Verbands-Chef nicht ganz so gesehen. Das drängendste Problem sind die Einstellungen 2018. Ich habe mehr als 2 000 Vollzeit-Stellen zu besetzen. Dieses Arbeitsvolumen kann ich fast nur aus dem bestehenden System holen. Wie soll das funktionieren? Die Mehrarbeit wird vergütet. Die Grundschullehrerin bekommt aber weniger als alle anderen. Mein Ansatz: Wenn Mehrarbeit, dann zum gleichen Preis. Dann freue ich mich, wenn sie mehr arbeiten. Der Schritt davor ist die eigenverantwortliche Schule. Das heißt? Die Schulen bekommen einen Container mit Entlastungsmaßnahmen, ohne bürokratischen Kram. Das entsorge ich größtenteils. Und einen Honorartopf. Daraus könnte sie sich etwa einen Schulassistenten reinholen.
Was meinen Sie mit Bürokratieabbau?
Bisher mussten Schulleiter präsent sein in den Ferien. Im dümmsten Fall habe ich eine Woche rumgesessen und gewartet, dass mich jemand anruft. Das wird abgeschafft. Die Bildungsempfehlung wird umstrukturiert. Die Grundschullehrer müssen kein Worturteil mehr schreiben. Das ist eine unwahrscheinliche zeitliche Ersparnis. Die Empfehlung wird ab Februar 2019 nur noch auf Noten basieren, mit Entscheidung der Klassenkonferenz. Und was hilft langfristig? Wenn alle Bundesländer verbeamten, dann möge mir einer ein Modell geben, was besser ist. Aber wir haben nichts gefunden. Wenn der Verbraucher die Verbeamtung will, dann muss ich sie liefern. Das ist mein festes Ziel.
Wie vermeiden Sie dann eine Zweiklassengesellschaft?
Mit der Verbeamtung komme ich auf Augenhöhe. Nun habe ich Kollegen, die nicht verbeamtet werden können, etwa Ältere. Für die muss ich mir was einfallen lassen. Für die älteren Kolleginnen und Kollegen muss es einen finanziellen Ausgleich geben. Anhaltspunkt: Wenn man mich mit 32 Jahren verbeamtet hätte, dann würde ich jetzt dieses Nettogehalt bekommen. Und: für Ältere keine Abordnung oder Versetzung.
Sie müssen dafür aber Landtag und Finanzminister Unland mit ins Boot holen. Wie?
Sind die politisch Verantwortlichen bereit, Geld in die Hand zu nehmen, um es in die Zukunft dieses Landes zu investieren? Also spreche ich mit allen und bin bemüht, die Alternativlosigkeit aufzuzeigen. Herr Unland ist sehr väterlich zu mir. Aber das liegt daran, dass ich etwas aus der Schatulle möchte. Und davor hat er Angst. Was es kosten wird, muss ich mit ihm ermitteln.
Aber eine Verbeamtung lässt sich nicht schnell umsetzen.
Ich brauche schnell eine Entscheidung. Denn das Ganze hat ja Signalwirkung. Zum Sommer habe ich 500 Lehramtsanwärter auf der Matte stehen. Davon gehören mir mehr als 40 Prozent gar nicht, die sind nur zum Studieren hier. Die würde ich ohne Signal verlieren.
Wie zuversichtlich sind Sie, Ihre Ideen umzusetzen?
Ich habe einen Plan E. E für Erfolg. Ich bin zum Erfolg verdammt. Viele Sachen muss ich auch mit den Fraktionen besprechen. Hier müssen wir uns finden und am Ende müssen alle sagen: Ja, das ist ein Versuch wert.