Entscheiden Anwohner-Fotos den Hells-Angels-Prozess?
LEIPZIG - Kaum knallt’s, klicken Handykameras. Eigentlich hassen Polizisten die Sensationsgeilheit auf unseren Straßen. Doch im Rockerprozess um die tödlichen Schüsse auf Leipzigs Eisenbahnstraße können die Bilder neugieriger Anwohner den Prozessausgang entscheiden.
Das Mammut-Verfahren gegen vier wegen Mordes angeklagte Hells Angels ist gestern mit dem Auftritt des Mittweidaer Digital-Forensikers Dirk Labudde (51) in die Hightech-Phase eingetreten. Der Professor analysierte das nur 36 Sekunden lange Augenzeugen-Video der Schießerei. Mit einer Spezial-Software splittete er das Bewegtbild in 1093 überwiegend gut erkennbare Einzelbilder, lokalisierte darauf elf Hells Angels und neun United-Tribuns-Rocker.
„Mit dem Video allein kann man aber aufgrund der schlechten Bildqualität keine Person identifizieren“, stellte Labudde klar. Allerdings übergab die Kripo dem Wissenschaftler neben ihren eigenen Bildern der vor Ort festgenommenen Höllenengel auch zahlreiche sichergestellte Fotos von Anwohnern und Passanten, die kurz nach den Schüssen auf den Auslöser gedrückt hatten.
Mit diesem Bildmaterial gelang es Labudde, drei der angeklagten Rocker, die auf das angeschossen am Boden liegende Opfer eintraten, anhand von Körpermerkmalen, Kleidung und Tattoos zuzuordnen. Allerdings entdeckte die Verteidigung auch Widersprüche in Labuddes Gutachten. Der Prozess geht heute weiter. -bi.-