Streich, der „Mann des Jahres“
FREIBURG - Im Internet sind die Videoclips mit dem Titel „Best of Christian Streich“längst ein Renner.
Bundestagswahl, soziale Gerechtigkeit, Flüchtlings-Politik, Rechtsruck in der Gesellschaft, Aufstieg der autoritären Regime - der Trainer des SC Freiburg hatte im zu Ende gehenden Jahr zu all diesen und vielen weiteren Themen eine meist kluge Meinung parat. Die anstehenden Spiele in der Fußball-Bundesliga wurden bei den Pressekonferenzen oft zur Nebensache - die Auftritte Streichs hatten vielmehr gesellschaftspolitische Relevanz.
Nicht zuletzt deshalb wurde der 52-Jährige vom kicker zum „Mann des Jahres 2017“gekürt. Das Fachmagazin würdigte mit Streichs Wahl zum Nachfolger von Weltmeister Toni Kroos eine „große Persönlichkeit, die im deutschen Fußball auch mit ihrer Haltung herausragend gewirkt hat“. Ganz ähnlich hatte es der Börsenverein des deutschen Buchhandels formuliert, als er Streich Ende November im Freiburger Literaturhaus den Titel „Bücherfreund des Jahres 2017“verlieh.
Und es mag paradox klingen - doch dass Streich die Auszeichnungen für seine Person eher differenziert sieht, gehört mit zu den Gründen für die Preise. „Ich bin natürlich ein eitler Mensch, da fühlt man sich geschmeichelt“, sagte der Coach: „Wenn Sie mich aber privat kennen und jeden Tag mit mir zusammenleben würden, würde ich wahrscheinlich keine Auszeichnung kriegen. Ich bin genauso fehlbar wie alle anderen.“
Daran besteht kein Zweifel. Wer Streich rund um die Freiburger Spiele erlebt, der muss oft den Kopf schütteln. Allzu oft stellt der Trainer übertriebene Emotionalität, überzogene Kritik und fragwürdige Attitüden zur Schau. Doch Streich, den viele Experten und Kollegen wohl nicht ganz zu Unrecht für den fachlich besten Trainer der Liga halten, ist zur Selbstreflexion in der Lage. Der Mann aus Weil am Rhein weiß nur zu gut, dass er am Spielfeldrand oft von Dr. Jekyll zu Mr. Hyde mutiert - und dass er viele andere Macken hat.
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