Chemnitzer Morgenpost

Siemens geht lieber zu Trump!

- Von Torsten Hilscher

GÖRLITZ/DAVOS - Das drohende Aus fürs Görlitzer Turbinenwe­rk von Siemens raubt den 800 Mitarbeite­rn und ihren Familien seit Wochen den Schlaf. „Wenn ich keine Aufträge habe, muss ich reagieren“, begründete Siemens-Boss Joe Kaeser (60) vom Weltwirtsc­haftsgipfe­l in Davos aus den drohenden harten Schnitt. Irritieren­d: Donnerstag­abend saß Kaeser dort beim Diner direkt neben Donald Trump - und versprach dem US-Präsidente­n vor laufenden Kameras den Bau eines neuen Gasturbine­nwerks in den USA dank seiner Steuer-Reform!

„Ich gratuliere Ihnen zum neuen Steuergese­tz“, sagte Kaeser wörtlich. „Deshalb kommen wir jetzt zu Ihnen. Wir haben entschiede­n, in den USA eine neue Generation von Gasturbine­n zu entwickeln.“Trump strahlend: „A big thing“(eine große Sache).

Erste Reaktionen ließen nicht lange warten. Der 1. Bevollmäch­tigte der IG Metall Berlin, Klaus Abel, nannte Kaesers Äußerungen mit Blick auf die Sorgen der Menschen um ihre Jobs „unverantwo­rtlich“. Offensicht­lich gebe es doch eine Nachfrage für die Gasturbine­n.

Ganz so eindeutig scheint die Sache nicht zu sein. „Herr Kaeser hat sich in seinem Statement auf die Entwicklun­g der neuen HL-Klasse von Gasturbine­n bezogen“, so Siemenspre­cherin Elke Fuchs. „Dies betrifft den Standort Görlitz nicht, denn das Turbinenwe­rk stellt Industried­ampfturbin­en her.“Die geplanten Gasturbine­n in den USA und die Görlitzer Turbinen sind demnach nicht zu vergleiche­n.

Darauf verweist auch der Görlitzer OB Siegfried Deinege (62, parteilos): „Das ist eindeutig ein anderes Segment, das Kaeser meint.“Deinege will den Siemens-Boss in einem anderen Punkt beim Wort nehmen. Der hatte vor kurzem versichert: „Wir werden Görlitz nicht fallen lassen.“Was das genau heißt, konnte Kaeser aber nicht sagen.

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 ??  ?? Die Mitarbeite­r von Siemens in Görlitz wollen ihr Werk nicht aufgeben. Immer wieder demonstrie­ren sie für eine Zukunft.
Die Mitarbeite­r von Siemens in Görlitz wollen ihr Werk nicht aufgeben. Immer wieder demonstrie­ren sie für eine Zukunft.

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