Enthüllungsjournalist Wallraff über Rassismus in Sachsen
Sonntag ist er als Laudator in der Semperoper
DRESDEN - Vor 50 Jahren protestierte der Weltklassesprinter Tommie Smith (heute 73) bei Olympia mit erhobener Faust gegen Rassismus. Am Sonntag bekommt er den Dresdner Friedenspreis. Die Laudatio hält Günter Wallraff (75). Der MOPO erzählte der Enthüllungsjournalist, wie aktuell Rassismus noch heute ist - auch in Sachsen.
Wallraff kämpft schon lange gegen Rassismus. „Dass Tommie Smith an diesem würdigen Ort, der Semperoper, geehrt wird, freut mich.“Der Sportler habe sich auf dem Höhepunkt seiner läuferischen Karriere für den Protest entschieden. „Er wusste, dass er fortan geächtet sein würde. Diese Zivilcourage macht seine Aktion so bedeutungsvoll.“
Rassismus sei ein weltweites Problem. Gleichwohl werde er in seiner Rede nicht gänzlich darauf verzichten, über Rassismus gerade auch in Sachsen zu sprechen. Immerhin musste Wallraff die nach eigenen Angaben schlimmste Erfahrung als Undercover-Journalist mit alkoholisierten Hooligans von Dynamo Dresden machen. Er war als schwarzer Deutscher für den Film „Schwarz auf Weiß“unterwegs. „Ich wurde in einer Art und Weise attackiert, dass ich dachte, ich komme da nicht lebend raus.“
Wallraff hat indes selbst Wurzeln in Dresden. „Meine Familienangehörigen mütterlicherseits waren Religionsflüchtlinge, französische Hugenotten. Sie wohnten bis Ende des 19. Jahrhunderts in der Dresdner Neustadt, in der Prießnitzstraße. In der Neustadt habe ich daher eine Art Heimatgefühl.“Es sei das gleiche Milieu wie die spätere Heimat, Köln-Ehrenfeld.
In Dresden war Wallraff auch bei PEGIDA. „Ich finde, man muss mit allen reden.“Doch dass Gespräche nicht mehr stattfänden, sei tragisch. „Wir dürfen Menschen nicht als Feinde sehen. Das sind alles Mitmenschen.“mor