Flüchtlinge schrauben jetzt in Sachsens größtem Rad-Lager
Wie so viele sächsische Firmen hatte „Fahrrad XXL Emporon“ein Problem: Das Unternehmen eröffnete November in Kesselsdorf Sachsens größtes Fahrradlager (MOPO berichtete), doch Schrauber waren keine zu finden. Darum schlug XXL-Chef Hamidreza Ameli (46) einen neuen Weg ein, der auch anderen Unternehmern als Vorbild dienen könnte: Seit Januar schrauben elf Flüchtlinge bei ihm.
Ameli ist selbst Migrant, kam 1984 aus dem Iran nach Deutschland: „In der neunten Klasse konnte ich kein Wort Deutsch.“Doch er schaffte Abitur, studierte Elektrotechnik, promovierte in Chemnitz. „Ich weiß, welches Potenzial in den Flüchtlingen steckt. Warum qualifizieren wir sie nicht in unserer Firma?“, fragte sich Ameli. „100 Leute in mehreren Behörden habe ich angerufen. Alle sagten, das gehe nicht. Nicht weil sie nicht willig waren. Sondern weil es so was noch nicht gab.“Ameli kämpfte weiter, der 101. Anruf hatte Erfolg.
Die Lösung: Über Bildungs-Checks der Arbeitsagentur lernen die Flüchtlinge an zwei Wochentagen beim Sächsischen Umschulungsund Fortbildungswerk Deutsch. Die restliche Woche lernen sie in Kesselsdorf die praktische Arbeit, die Kosten dafür trägt Fahrrad-XXL. „Ich habe früher schon fünf Jahre Räder repariert“, sagt der Iraner Aminzadeh Khosro (36). „Ich bin glücklich, jetzt hier zu arbeiten.“Im Juni endet das Qualifizierungsprogramm. Dann sollen alle Flüchtlinge, die willens und fähig sind, als Fahrrad-Monteure übernommen werden.
So können Firmen Nachwuchsprobleme lösen, gleichzeitig Integration ermöglichen. „Es gibt keinen Masterplan. Jede Firma ist anders. Am Ende brauchen wir aber Menschen, die es tun“, lobte Wirtschaftsminister Martin Dulig (44, SPD) XXL-Macher Ameli. Im April soll ein gebündeltes Info-Zentrum in Dresden eingerichtet werden. Unternehmer müssen dann nicht mehr zu zehn verschiedenen Ämtern rennen.