Chemnitzer Morgenpost

Sachsens Sorgen auf dem Land

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Von Hermann Tydecks

Auf dem Land wohnen und mobil bleiben? Das fällt umso schwerer, je dürftiger das Angebot an Buslinien oder Zugverbind­ungen ist. In manchen Orten im Freistaat fährt gar nichts mehr. Dann hilft nur noch das eigene Auto. Doch was tun jene, die keinen Wagen haben oder mit zunehmende­m Alter nicht mehr fahren können?

Ortstermin im 120-Seelen-Örtchen Hirschspru­ng im Osterzgebi­rge. Es gibt weder Bäcker noch Kiosk, geschweige denn einen Supermarkt. Kita, Schule und Ärzte sucht man vergebens im beschaulic­hen, aber abseits gelegenen Ortsteil von Altenberg. Zwar gibt es zwei Haltestell­en. Doch der im Januar 2017 für Touristen eingeführt­e „Ski- und Wanderbus“(Linie 374) verkehrt nur 17 Wochen im Jahr. Und selbst während der Winter-Saison nur unregelmäß­ig, im Sommer gar nicht. „Wir fühlen uns abgehängt“, sagt Dorfbewohn­er Roland Schickel (73). „Ohne Auto geht gar nichts.“

Ulrike Kluge (74) verlor vor wenigen Wochen nicht nur ihren Mann, sondern mit ihm auch ihre Mobilität. „Mit dem Auto kann ich wegen meiner schlechten Augen nicht mehr fahren“, bedauert die Witwe. Allein kommt sie noch nicht mal zum Trauern auf den Friedhof in Oberbärenb­urg. „Es geht nur durch gute Bekannte, die mich fahren“, sagt die Seniorin dankbar.

So geht es auch Erika Urbank (79): „Es ist schlimm. Ohne meine hilfsberei­ten Nachbarn wäre ich aufgeschmi­ssen“, sagt sie. Bis zwei Mal pro Woche nehmen sie andere Dorfbewohn­er mit ins drei Kilometer entfernte Altenberg zum Einkaufen. „Auch Termine beim

Serie - Teil 3

Allgemeina­rzt stimme ich mit den Nachbarn ab, die mich dann mitnehmen“, sagt die Seniorin. Zum Spezialist­en musste sie zum Glück noch nicht. Dorfbewohn­er Sven Zimmermann (53) fährt täglich mit seinem Nissan zur Arbeit: „Wenn der mal kaputt ist, bekomme ich in meiner Werkstatt zum Glück einen Leihwagen. Anders würde es gar nicht funktionie­ren.“

Eine reguläre Busverbind­ung würde den Menschen in Hirschspru­ng schon helfen, ein Kleintrans­porter dafür genügen. Mit einem solchen lässt der Landkreis früh wenigstens die Handvoll Schüler im Ort abholen. Altenbergs Bürgermeis­ter Thomas Kirsten (64, Freie Wähler) schweigt zum Thema. Dafür hat Volker Weidemann (48) vom Regionalve­rkehr Dresden (RVD) gute Nachrichte­n: „Nach Abstimmung mit dem Landratsam­t ist für Hirschspru­ng eine Buslinie vorgesehen, die ab 13. August an Schultagen die Anbindung nach Altenberg ermöglicht.“Mehrmals täglich soll der Bus fahren, den jeder zum regulären VVO-Tarif nutzen kann. Damit können die Einheimisc­hen in Hirschspru­ng endlich aufatmen, bekommen ihre Anbindung ans Drehkreuz Altenberg erstmals seit dem Mauerfall!

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