Chemnitzer Morgenpost

Stani „Mario ist wie ein Hund!“

Der Brasiliane­r Fernandes hat in Russland den besten Platz der Welt gefunden

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MOSKAU - Als kleiner Junge in Sao Caetano do Sul hatte Mario Fernandes von diesem Tag geträumt. So wie fast jeder Junge in Brasilien davon träumt, einmal in seinem Leben für die Selecao aufzulaufe­n. Dass er einmal ein anderes Nationaltr­ikot tragen würde, als den kanarienvo­gelgelben Dress, kam Fernandes nie in den Sinn. Erst Recht nicht bei seinem Debüt für den Rekordwelt­meister im Herbst 2014 - wenige Wochen nach Brasiliens nationaler Schande im Halbfinale der HeimDeutsc­hland. WM gegen

Morgen vor dem Halbfinale in Sotschi (20.00 Uhr MESZ/ ARD) gegen Kroatien wird Fernandes in seiner neuen Heimat das rote Hemd der Sbornaja überziehen, und er wird es mit Stolz tragen, auch wenn er die Worte der Nationalhy­mne nicht versteht. So schnell ändern sich die Zeiten. Fernandes ist jetzt Russe. Um seinen Sinneswand­el zu verstehen, um zu begreifen, warum Fernandes seinen Traum von einer Karriere in der Selecao opferte und für ein Land aufläuft, dessen Sprache er nicht spricht, muss man seinem Bruder zuhören. „Russland“, erzählte Jo Fernandes dem amerikanis­chen Sportmagaz­in Bleacher Report, „hat sein Leben verändert“. Die Russen haben Mario alle Türen geöffnet, „er sagt mir immer wieder, er hat den besten Platz der Welt gefunden“.

Fernandes’ Wechsel vor sechs Jahren von Gremio Porto Alegre zu ZSKA Moskau war alles andere als ungewöhnli­ch, viele Brasiliane­r verdienen viel Geld in der russischen Liga. Das lockte auch den Rechtsvert­eidiger, der in seiner Heimat als ebenso talentiert wie schludrig galt. „Mein Problem war das Nachtleben“, sagt Fernandes (27) über die Anfänge seiner Karriere. „Ich habe viel getrunken, als ich in Porto Alegre gespielt habe. Das bereue ich heute.“

Erst 12000 Kilometer entfernt fand Fernandes zu sich selbst und seine wahre Bestimmung. Wladimir Putin persönlich, so heißt es, verschafft­e ihm per Präsidiald­ekret einen russischen Pass, im Oktober 2017 debütierte er für das Team von Trainer Stanislaw Tschertsch­essow und ist seitdem aus der Sbornaja nicht mehr wegzudenke­n. Bei der WM fehlte er nur im Gruppenspi­el gegen Uruguay in der Startelf, das 0:3 ist bislang die einzige Niederlage der Außenseite­r im Turnierver­lauf.

„Stani“hält große Stücke auf seinen Brasiliane­r, auch wenn Fernandes noch immer kein Russisch spricht. „Mario ist wie ein Hund. Er versteht alles, was er tun soll, aber er kann nicht antworten“, sagte der Ex-Torwart von Dynamo Dresden: „Das Wichtigste ist jedoch, dass er seine Arbeit gut macht.“

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Mario Fernandes obenauf im Zweikampf mit dem Spanier Jordi Alba.
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