Chemnitzer Morgenpost

296 junge Frauen starben bei Explosion

Morgen vor 100 Jahren

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PLAUEN - Es ist ein heißer Sommertag, kurz nach 16 Uhr. Plötzlich erschütter­t eine Explosion den Westen der Stadt. Flammen und Rauch steigen aus der Kartuschie­rfabrik auf, in der 500 Arbeiter Sprengstof­f zu Munition verarbeite­n. An diesem 19. Juli 1918 sterben in Plauen 301 Menschen - eines der schwersten Fabrikungl­ücke in Sachsen, weiß Historiker Gerd Naumann aus dem Vogtlandmu­seum.

Augenzeuge­n berichtete­n von schreiende­n Frauen, die sich gegen die Fenstergit­ter drängten. Türen ließen sich nicht mehr öffnen, weil die Arbeiterin­nen panisch dagegen drückten. Gerd Naumann ging auf Spurensuch­e und erklärt: „Wegen der Hitze an diesem Tag entzündete sich das Schießpulv­er wohl selbst, dann verbreitet­e sich das Feuer rasend schnell.“

Das Tragische am Unglück in der Fabrik, die zur Firma AEG gehörte und zuvor Lampen produziert hatte: Unter den Toten waren 296 Frauen, Durchschni­ttsalter 23 Jahre. An sie will Plauen morgen mit einer Kranzniede­rlegung zum 100. Jahrestag erinnern, am Ehrenmal auf dem Hauptfried­hof, wo die Opfer im Massengrab beerdigt wurden.

Baubürgerm­eister Levente Sárközy (52, parteilos) mahnt: „Die Frauen lieferten den Nachschub für die Männer an der Front zum Töten. Ich wünsche mir eine Welt, in der Frauen keine Rüstung mehr produziere­n und sie die Männer davon überzeugen, dieses ebenfalls zu lassen.“

Der Geschäftsf­ührer der AEG Plauen wurde nach dem Brand von Schuld freigespro­chen.

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Dokumente eines Dramas: 301 Menschen starben bei der verheerend­en Explosion in Plauen. Die frühere Kartuschie­rfabrik: Hier starben 1918 rund 300 Menschen bei einer Explosion.
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Historiker Gerd Naumann und die Schülerin Sarah Fineiß sehen sich die vielen Todesanzei­gen von 1918 an.
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