Wie „Fräulein Hunger“Sachsens Glockenschätze wieder heimholte
DRESDEN/HAMBURG - Dieser Tage gedenken bei Gottesdiensten zahlreiche Gemeinden der Rettung ihrer Bronzeglocken. Im Sommer 1948 holten sich die Sachsen ihre Glocken aus dem Einschmelzlager in Hamburg zurück. Die Rettung dieser unersetzlichen Schätze ist vor allem einer Frau zu verdanken: Der damals 27-jährigen Liselotte Hunger aus Dresden.
Per Erlass waren im zweiten Weltkrieg 1800 Glocken im Freistaat beschlagnahmt worden. Sie wurden „unverzüglich der deutschen Rüstungsreserve dienstbar gemacht“, sprich eingeschmolzen für Kriegsgerät. Depot war der Hamburger Hafen, der als „Glockenfriedhof“galt. Auch nach dem Krieg gingen Stücke dort verloren, wurden geklaut, in fremde Gemeinden gegeben, zerstört.
Dennoch: Im August 1947 machte sich eine Dresdnerin auf nach Hamburg. „Die damals 27-jährige Liselotte Hunger“, so Matthias Oelke, Sprecher der Landeskirche Sachsen. „Klein, aber energisch suchte sie auf dem gesperrten Gelände nach sächsischen Glocken.“Immerhin waren die per Ölfarbe mit der Zahl zehn markiert. „Sie fand sofort das Geläut aus dem Meißner Dom.“
Bis November hatte „Fräulein Hunger“420 sächsische Glocken identifiziert. „Im Sommer 1948 kamen alle per Schiff nach Dresden, wurden im Hafen Friedrichstadt gelagert und den Gemeinden bis 1951 zurückgegeben“, erzählt Oelke. So holten Gläubige aus Bischofswerda sofort ihre drei Glocken per blumengeschmückten Lastwagen in einem umphzug heim.
Das ist jetzt 70 Jahre her. Jetzt wird in vielen Gottesdiensten daran erinnert. Und daran, dass fast 1400 Glocken aus Sachsen nicht wiederkehrten. In den Kirchen wurde „Ersatz“aus Hartguss (Eisen oder Stahl) aufgezogen. Bis heute werden sie nach und nach durch Bronzeglocken ersetzt.
sts
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