Lassen Sachsens Staatsanwälte zu viele Handys ausschnüffeln?
Von Juliane Morgenroth DRESDEN - In Sachsen steigt die Zahl der Funkzellenabfragen weiter an: 2017 wurde das Instrument zur Verbrechensaufklärung bei 427 Ermittlungsverfahren genutzt. Damit würde inflationär in die Grundrechte Tausender Sachsen eingegriffen, finden die Grünen.
Im Rahmen der 427 Ermittlungsverfahren gab es 476 Funkzellenabfragen, so Justizminister Sebastian Gemkow (39, CDU) auf Anfrage von Valentin Lippmann (27, Grüne). In diesem Jahr waren es bis Mitte Juni schon 275 Abfragen bei 262 Verfahren. Die Zahl der Verfahren, bei denen dieses Instrument genutzt wird, steigt seit Jahren beständig.
Bei der Abfrage werden Daten von Handybesitzern gesammelt, die sich zu einer bestimmten Zeit in einer Gegend aufgehalten haben - auch von Unbeteiligten. Dann werden Verkehrsdaten erhoben - also etwa wie lange wo und mit wem kommuniziert wurde. 2017/18 waren es 28 500 Verkehrsdaten aus 28 139 Funkzellen und von 167 Tatorten.
Lippmann: „Ich fordere Justizminister Gemkow auf, gegenüber den Staatsanwaltschaften endlich darauf hinzuwirken, dass Funkzellenabfragen nur noch dann beantragt werden, wenn andere Ermittlungsmaßnahmen absehbar keinen Erfolg mehr haben. Der massenhafte Eingriff in die Bürgerrechte darf nicht zur Standardmaßnahme in Sachsen werden.“Er fordert, dass Betroffene per SMS benachrichtigt werden.
Die Staatsanwaltschaft Dresden wies die Vorwürfe zurück: „Bei uns wurden 2017 bei 111 Verfahren Funkzellenabfragen genutzt. Bei insgesamt über 100 000 zu bearbeitenden Verfahren“, so Oberstaatsanwalt Lorenz Haase (58). Das Instrument werde auch nicht bei jeder Straftat, etwa Ladendiebstahl, genutzt. „Zudem müssen es Richter genehmigen.“