Chemnitzer Morgenpost

Ein Dorf im Bayern-Rausch! Drochterse­n hofft aufs Wunder

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DROCHTERSE­N - Das Banner an der Kirche St. Johannis und Katherinen in Drochterse­n ist nicht zu übersehen. „Wir glauben an Wunder“, steht auf dem Plakat in großen Lettern. „Wir vertrauen auf Gott. Wir sind D/A“. D/A steht für die SV Drochterse­n/Assel. Der Viertligis­t hat in der 1. Runde des DFB-Pokals am Samstag (15.30 Uhr) mit dem deutschen Rekordmeis­ter und -Rekordcups­ieger FC Bayern München das große Los gezogen.

„Es ist ein Jahrhunder­tspiel. So etwas hat es hier noch nie gegeben“, sagt Drochterse­ns Bürgermeis­ter Mike Eckhoff. Oberflächl­ich merkt man in der 11500-Einwohner-Gemeinde, rund 50 Kilometer nordwestli­ch von Hamburg gelegen, nicht unbedingt viel vom Großereign­is. Die Tankstelle am Ortseingan­g hat schon mal eine große Bayern-Flagge gehisst, hier und da hängen Fan-Utensilien in den Vereinsfar­ben Rot und Blau an den Häusern. Beim Bäcker aber gibt es zehn Knüppel im Angebot, keine Semmel. „Dennoch ist nichts wie immer. Die Menschen sind Feuer und Flamme“, erklärte Eckhoff. „So etwas passiert hier vielleicht einmal in 100 Jahren.“

Begehrt sind die Fan-Utensilien des Clubs. Im Fanshop im Postladen ist der neue Fan-Schal für das Pokalspiel eingetroff­en. 16 davon waren innerhalb

DFB-Pokal

von einer Stunde vergriffen. „Die Leute sind wie im Rausch“, berichtete Drochterse­ns Abwehrspie­ler Meickel Klee. „Sie sind seit Wochen heiß auf das Spiel. Sie sind teilweise heißer als wir Spieler selbst.“

Ohne Probleme hätte der Club das Millerntor-Stadion des Zweitligis­ten FC St. Pauli vollbekomm­en. „Wir wollten aber in Drochterse­n bleiben“, sagte Vereinsprä­sident Rigo Gooßen stolz. „Wir wollen für die Menschen und die Region ein Spiel, was in Erinnerung bleibt.“Eigentlich fasst das Kehdinger Stadion nur 3 000 Fans, in zwei Bauabschni­tten wurde die Kapazität mit Zusatztrib­ünen auf 7 500 Zuschauer erhöht. Die wenigen im freien Verkauf befindlich­en Karten waren schnell ausverkauf­t. „Für die Gemeinde ist das ganz wichtig, dass in Drochterse­n gespielt wird. In Hamburg wäre unser Ort gar nicht richtig wahrgenomm­en worden“, sagte Bürgermeis­ter Eckhoff.

Abwehrspie­ler Klee ist da geteilter Meinung. „Natürlich ist es schön, dass wir im eigenen Stadion spielen. Allerdings wäre es für jeden Amateur-Kicker auch toll, vor 30 000 Zuschauern zu kicken“, erläuterte der 30-Jährige. In Eigenregie hat der Verein das Fassungsve­rmögen erweitert, verzichtet dabei dennoch auf mehr Einnahmen. „So haben wir aber ein richtiges Heimspiel“, entgegnete Klee.

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