„Es sah aus wie in einem Kriegsgebiet“
LEIPZIG - Zweieinhalb Jahre nachdem rund 250 Hooligans und Neonazis den linksalternativen Leipziger Stadtteil Connewitz überfielen, begann gestern am Amtsgericht der erste von 92 Prozessen. Während die beiden Angeklagten schwiegen, berichteten Zeugen von kriegs
ähnlichen Zuständen. Der erste Connewitz-Prozess begann gleich mit einem Eklat. Obwohl bekannt war, dass Journalisten zahlreicher deutscher Medien und viele anderweitig Interessierte zur Verhandlung kommen würden, hatte Amtsrichter Marcus Pirk einen eher kleinen Gerichtssaal ausge- wählt, in dem gerade mal 30 Zuschauer Platz fanden. Anstatt sich um eine größere Räumlichkeit zu kümmern, ließ Pirk angereiste Reporter und viele Besucher einfach vor verschlossener Tür stehen.
Den Auftakt der Prozess-Serie um den Connewitz-Überfall machten auf der Anklagebank zwei 26-Jährige, die der Hooligan-Szene von Lok Leipzig zugeordnet werden. Die Staatsanwaltschaft wirft Martin K. und Dennis W. schweren Landfriedensbruch vor. Sie sollen zu dem aus Hooligans und Neonazis bestehenden Mob gehört haben, der am 11. Januar 2016 mit Äxten, Eisenstangen und Holzlatten bewaffnet durch die Wolfgang-Heinze-Straße fegte.
An insgesamt 25 Läden, Kneipen und Wohnungen soll die Horde die Scheiben zerstört und 18 parkende Autos demoliert haben. Laut Staatsanwaltschaft entstand ein Schaden von 113 000 Euro.
K. und W. zogen es gestern allerdings vor, zu schweigen. Dafür schilderten Zeugen das Inferno. „Ich wollte noch runter und mein Auto retten, doch ich hätte meine Gesundheit riskiert“, berichtete Anwohner Peter P. (54). Vom Fenster aus habe er mit ansehen müssen, wie sein Fahrzeug kaputt geschlagen wurde.
„Es sah auf der Straße aus wie in einem Kriegsgebiet“, berichtete Polizei-Zugführer Torsten B. (44). Immerhin gelang es seinen Leuten, 200 Verdächtige festzunehmen. Die Randalierer waren in eine Sackgasse geflüchtet. Der Prozess wird fortgesetzt.