Rechte marschieren in der City auf
Was als ausgelassenes Volksfest begann, endete für Chemnitz in einer Katastrophe. Aus Angst vor Ausschreitungen brachen die Veranstalter das Chemnitzer Stadtfest am frühen Sonntagnachmittag ab. Die Lage war offenbar so brenzlig, dass Polizei und CWE erst am Abend mit dem wahren Grund rausrückten.
Das war passiert: Am Sonntagmorgen war es gegen 3.15 Uhr in der Brückenstraße zu einem Streit und einer Messerattacke von Männern unterschiedlicher Nationalitäten gekommen. „Insgesamt waren maximal zehn Personen an der Auseinandersetzung beteiligt“, sagte Polizeisprecherin Jana Ulbricht (41). Ein Mann (35) starb noch in der Nacht. Zwei weitere Männer (33 und 38) befinden sich mit teils schweren Verletzungen im Krankenhaus. Bei dem Opfer handelt es sich nach MOPO-Informationen um den Deutsch-Russen Daniel H.
Die Polizei setzte Fährtenhunde ein und stellte zwei Männer (22, 23) unweit des Tatortes. Auch die Tatwaffe wurde auf dem Stadtfestgelände gefunden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Totschlages. Ob es sich dabei - wie aus Kreisen der Rettungskräfte berichtet - um Syrer handelt, will die Polizei zunächst nicht bestätigen: „Solange nicht klar ist, ob es sich bei den beiden Festgenommenen um Tatverdächtige handelt, gibt es keine Aussage zur Nationalität.“
Das Stadtfest hatte am Sonntagvormittag zunächst begonnen, als wäre nichts geschehen. Die Polizei vermeldete einen „veranstaltungstypischen Ablauf ohne nennenswerte Störungen“. Die CWE lobte das Sicherheitskonzept mit Einsatzschwerpunkt Brückenstraße, mit dem das Stadtfest „viel beruhigter als 2017“abgelaufen wäre. Doch zeitgleich riefen im Internet rechte Gruppierungen und Hooligans zu einem Aufmarsch am Tatort auf.
Am frühen Nachmittag die Kehrtwendung: „Wir haben die Lage neu bewertet und uns aus Pie†tät und Anteilnahme den Angehörigen gegenüber entschlossen, das Stadtfest sofort zu beenden“, sagte CWE-Geschäftsführer Sören Uhle (42). Eine glatte Notlüge, wie Polizei-Sprecherin Jana Ulbricht auf einer einberufenen Pressekonferenz bestätigte: „Es wurde befürchtet, dass Fußballfans aus ganz Sachsen und Brandenburg nach Chemnitz kommen könnten. Es wurden Polizisten aus Dresden und Leipzig vom Fußball abgezogen und nach Chemnitz verlegt.“Angesichts der massiven Polizeipräsenz blieb es bei vereinzelten Flaschenwürfen und rechten Parolen.
Vom Abbruch des Stadtfestes zeigte sich OB Barbara Ludwig (56, SPD) betroffen - die Absage mit einer Notlüge verteidigt sie aber: „Es war richtig, um Panik zu vermeiden.“