Wie weiter beim Dresdner Kreuzchor?
DRESDEN - Die Kruzianer haben eine turbulente Zeit hinter sich. Kaum jemals zuvor stand der Kreuzchor so stark in der Kritik wie in den zurückliegenden eineinhalb Jahren.
Die Kritik zielte nicht auf die jungen Sänger, sondern auf die Leitungsebene, Kreuzkantor und Chormanagement. Es beschwerten sich Eltern und Ex-Kruzianer. In ihrem Kern richteten sich die Beschwerden auf zwei Vorwürfe. Erstens: Der Chor löse sich in seinen Aktivitäten mehr und mehr aus der religiösen Bindung, weil er weltlichen Auftritten den Vorzug gebe - vom Auftritt vor Sponsoren bis zum Stadionkonzert -, er betreibe in Marketing und Außendarstellung zu viel Kommerz. Zweitens: Viele der Kruzianer würden durch
den Termindruck überfordert, worunter besonders die schulischen Leistungen zu leiden hätten.
Veränderungen stehen nun an. Man habe „einen Kompromiss gefunden“und „Prioritäten gesetzt“, so Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (41, Linke) zur MOPO. Eine Reaktion auf die Kontroversen der zurückliegenden Monate. Hauptaufgabe des Chores sei die Vermittlung sakraler Musik sowie die musikalische Ausbildung der Jungen, so Klepsch. Erst in zweiter Hinsicht soll der Chor als Kulturbotschafter und Werbeträger in Erscheinung treten. Ihm sei von einem Kompromiss nichts bekannt, entgegnet Kreuzkantor Roderich Kreile (61). Vielmehr sei, was da angemahnt würde, längst Praxis beim Kreuzchor. „Die musikalische Ausbildung der Jungen und die Chordienste in der Kreuzkirche haben von jeher Priorität für uns“, so Kreile. Doch müsse er gegenüber der Politik klarstellen, was der Chor heutzutage brauche. Kreile: „Wir müssen darum kämpfen, wahrgenommen zu werden. Dazu gehören Tourneen, dazu gehört Marketing.“
Die Kritik an seiner Chorpolitik hat Spuren hinterlassen beim Kreuzkantor, dabei fühlt er sich zu Unrecht angegriffen. Gleichwohl räumt er ein, dass insbesondere das Risiko der Überforderung der Chorjungen ein Problem ist. Man wolle den Jungen mehr freigeben, ihnen ein höheres Maß an Individualität zugestehen und ihre schulischen Leistungen för-
dern helfen. Mehr Flexibilität in Proben- und Konzertplanung sei dafür notwendig, sagt der Kreuzkantor. Zusammen mit den Verantwortlichen der Kreuzschule sowie Eltern habe man Arbeitsgruppen eingerichtet. Diskutiert werde etwa zurzeit, wie jenen Kruzianern zu helfen sei, denen der Spagat zwischen Chor und Gymnasium in schulische Not bringt. Kreile: „Wir wollen den betroffenen Schülern die Möglichkeit verschaffen, an der Kreuzschule den Oberschulabschluss zu machen.“gg