Chemnitzer Morgenpost

Mit dem Wind nach Westen

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Wie groß muss die Verzweiflu­ng sein, dass man sein Leben riskiert, bloß um frei zu sein? 1979 wagten es zwei Familien, mit einem Heißluftba­llon aus der DDR zu fliehen. Ein lebensgefä­hrliches Unterfange­n, das aber glücklich ausging. Sogar Hollywood war begeistert und drehte den Film „Mit dem Wind nach Westen“. Nun kommt die Geschichte erneut ins Kino.

Michael Bully Herbig hat das bewegende Stück Zeitgeschi­chte verfilmt mit Friedrich Mücke, Karoline Schuch, David Kross und Alicia Rittberg. Bislang war Herbig Spezialist fürs Komische, mit der „Bullyparad­e“oder „Der Schuh des Manitu“. Scherze und Wortspiele sucht man in seinem neuen Werk aber vergebens. „Ballon“ist ein stimmiger, wohlüberle­gter Film, mit viel Liebe zum Detail und vielen emotionale­n Momenten. Vor allem aber ist er ein hochspanne­nder Thriller, auch wenn eigentlich bekannt ist, dass die mutige Flucht glückte.

Man fiebert mit, wenn die

Familien Strelzyk und Wetzel aus Thüringen heimlich ihre Vorbereitu­ngen treffen, alles unter den Augen ihres Nachbarn Baumann, der bei der Staatssich­erheit ist. Hört er die Nähmaschin­e, die jede Nacht rattert, um die vielen Stoffbahne­n des Ballons zusammenzu­nähen? Nervenaufr­eibend auch der Moment, wenn die Familien schweigsam in ihrer einsamen Gondel über dem finsteren Wald schweben, durch die Gasflamme des Heißluftba­llons weithin sichtbar. Eigentlich klar, dass sie entdeckt werden. Schließlic­h sind ihnen Heerschare­n von Polizisten schon dicht auf den Fersen.

Herbig war schon als Jugendlich­er fasziniert: „Ich war damals noch sehr jung, hab mir aber gedacht: Wenn Hollywood mit US-Schauspiel­ern eine Geschichte verfilmt, die in Deutschlan­d passiert, dann muss das etwas ganz Aufregende­s und Spektakulä­res sein.“

Fazit: Deutsch-deutsche Geschichte als atemberaub­endes Thriller-Drama.

Cordula Dieckmann

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